3D-Druck Augenprothese aus dem 3D-Drucker in Patienten eingesetzt

Quelle: Pressemitteilung |

Um Augenprothesen herzustellen, muss die Augenhöhle durch invasive Abformung individuell vermessen werden – bis jetzt. Denn das Fraunhofer IGD hat die Software Cuddlefish:Eye entwickelt. Sie nutzt einen 3D-Scan der Augenhöhle und ein farbkalibriertes Foto des gesunden Auges, um das 3D-Modell des Prothesenauges zu erstellen.

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Steve Verze ist der erste Patient weltweit, der am 25. November 2021 im Moorfields Eye Hospital in London mit einer vollständig digital gedruckten Augenprothese versorgt wurde.
Steve Verze ist der erste Patient weltweit, der am 25. November 2021 im Moorfields Eye Hospital in London mit einer vollständig digital gedruckten Augenprothese versorgt wurde.
(Bild: Moorfields Eye Hospital NHS Foundation Trust)

Augenprothesen werden in Zukunft mit 3D-Druckern hergestellt – zumindest, wenn es nach der Vorstellung des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD geht. Möglich machen dies die Algorithmen von Cuttlefish:Eye, einer Softwarelösung des Fraunhofer IGD. In enger Zusammenarbeit mit der britischen Firma Ocupeye Ltd. hat das Darmstädter Forschungsteam ein Verfahren entwickelt, um aus einem Scan der Augenhöhle und einem Foto des gesunden Auges ein virtuelles Modell zu erstellen. Dieses dient als zuverlässige digitale Plattform für den 3D-Druck.

Die Technologie zur Herstellung von Prothesen wird nun in einer klinischen Studie am Moorfields Eye Hospital in London erstmals bei Patienten eingesetzt. Professor Mandeep Sagoo, Facharzt für Augenheilkunde in Moorfields ist von der Technologie überzeugt: „Wir sind von dem Potenzial dieses vollständig digitalen Auges begeistert. Dies war das Ergebnis der vierjährigen Entwicklung einer hochentwickelten Technologie in Zusammenarbeit mit dem Moorfields Eye Hospital, dem UCL Institute of Ophthalmology, Ocupeye Ltd und Fraunhofer. Wir hoffen, dass uns die bevorstehende klinische Studie zuverlässige Erkenntnisse über den Mehrwert dieser neuen Technologie liefern und die Vorteile für die Patienten aufzeigen wird.“

Methode zur Augenhöhlenvermessung seit Jahren unverändert

Augenprothesen sind notwendig, wenn ein Auge aus gesundheitlichen Gründen entfernt werden muss. Die Methode, die Augenhöhle individuell zu vermessen und die Prothesen herzustellen, ist seit vielen Jahrzehnten weitgehend unverändert geblieben. Die invasive Abformung kann unangenehm sein und ist bei Kindern eine belastende Erfahrung, die oft eine Vollnarkose erfordert. Der anschließende handwerkliche, zeitaufwändige Herstellungsprozess führt zu einer mehrmonatigen Wartezeit und verschlimmert damit die ohnehin schon belastende Zeit für den Patienten.

Augenprothese in einem Bruchteil der Zeit herstellen und Wartelisten verkürzen

Das neue Verfahren, bei dem moderne 3D-Drucktechnologien zum Einsatz kommen, beschleunigt die Produktion, bietet den Patienten eine schnellere und insgesamt komfortablere Erfahrung und lässt die Prothese realistischer aussehen. Der Ersttermin für die 3D-Prothese des Patienten beginnt mit einem 2,4 Sekunden dauernden, nicht invasiven, nicht ionisierenden Scan mit einem speziell modifizierten optischen Kohärenztomographen für die Augen, der von Tomey Japan hergestellt wird. Der resultierende Scan der Augenhöhle und das farbkalibrierte Bild des gesunden Auges werden digital an das Fraunhofer IGD übertragen. Tomey hat die Funktionen des Gerätes so optimiert, dass die Augenhöhle des entfernten Auges präzise vermessen und zusätzlich ein farbkalibriertes Foto des gesunden Auges erstellt wird. Aus diesen Daten erstellt Cuttlefish:Eye in kurzer Zeit ein 3D-Druckmodell.

Angesteuert werden die Drucker über den universellen 3D-Druckertreiber Cuttlefish, der sich durch seine Farbkonsistenz sowie die realistische Darstellung auch transparenter Materialien auszeichnet. Die Technologie des Fraunhofer IGD ist weltweit mit vielen verschiedenen Druckertypen im Einsatz. Gedruckt werden die 3D-Prothesen von der Lupburger Fit AG, die über langjährige Erfahrung in der additiven Fertigung, insbesondere im Bereich der Medizintechnik, verfügt. Nach dem Druck werden die Prothesen von einem Team erfahrener Okularisten geprüft und fertig poliert. Mit einem einzigen 3D-Drucker kann Ocupeye potenziell den jährlichen Bedarf von rund 10.000 Prothesen für den britischen Markt decken.

Klinische Studie mit 40 Patienten

Die Cuttlefish:Eye-Software ist als Medizinprodukt der Klasse 1 zertifiziert. Die Materialien für den 3D-Druck wurden umfangreichen und gründlichen Biokompatibilitätstests unterzogen, bevor die britische Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte (MHRA) die Genehmigung für eine klinische Studie erteilte. Für die klinische Studie werden etwa 40 Patienten rekrutiert, die eine 3D-gedruckte Augenprothese erhalten. Sie werden im Laufe eines Jahres mehrmals von qualifiziertem Klinikpersonal untersucht und berichten über ihre Erfahrungen.

Das medizinischen Gerät für die optische Kohärenztomographie wird von Tomey Japan hergestellt. Auf Grundlage der bereits in der Forschungs- und Entwicklungsphase gewonnenen Erkenntnisse hat Tomey die neuen Funktionalitäten als Standard in die nächste Gerätegeneration übernommen.

Laut Fraunhofer IGD könnte potenziell mit nur einem Gerät pro Klinik und dem Einsatz einer kleinen Anzahl geografisch verteilter 3D-Drucker der geschätzte Weltmarktbedarf von acht Millionen Menschen gedeckt werden.

Dieser Beitrag stammt aus unserem Partnerportal Devicemed.

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