Der Gesundheitsversorgung zuliebe Das Gesundheitswesen muss seine IT modernisieren
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So ambitioniert die Digitalvorhaben des Gesundheitswesens und der Bundesregierung auch sind: Ohne eine moderne und robuste Infrastruktur haben Innovationen keine Chance. Zusätzlich gefährden die veralteten Strukturen in Gesundheitseinrichtungen die IT-Sicherheit des medizinischen Fachpersonals und der Patienten. Das Gesundheitswesen hat IT-Modernisierung bitter nötig – und zwar sofort.

Mithilfe neuen Richtlinien und Gesetzen will die Bundesregierung dafür sorgen, dass das Gesundheitswesen auch auf digitaler Ebene effizienter und sicherer wird. So haben Bund und Länder im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes zusammengelegt und einen Fonds für das Gesundheitswesen eingerichtet. Die 4,3 Milliarden Euro sollten hauptsächlich dazu dienen, die IT-Infrastrukturen von Gesundheitseinrichtungen entlang von elf Fördertatbeständen zu stärken. Der branchenspezifische Sicherheitsstandard für die Gesundheitsversorgung im Krankenhaus (B3S) gibt Krankenhäusern und Co. zusätzlich Hilfestellung und zeigt auf, wie diese ihre IT-Systeme mithilfe technischer Lösungen schützen und ausfallsicherer machen können.
Diese gesetzlichen Maßnahmen sind notwendig, da es sich bei vielen Gesundheitseinrichtungen um Betreiber kritischer Infrastrukturen (KRITIS) handelt. Wenn die IT-Systeme von KRITIS-Unternehmen ausfallen oder nur dürftig funktionieren, kann das drastische Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft haben. Im Falle des Gesundheitswesens ist nicht nur die Arbeit des Fachpersonals direkt betroffen, sondern auch die Patientenversorgung, was unter Umständen zu lebensbedrohlichen Situationen führen kann.
Die digitale Zukunft des Gesundheitswesens
Im März dieses Jahres hat die Bundesregierung ihre Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege vorgestellt. In ihr hat das Gesundheitsministerium gemeinsam mit Patienten- und Branchenvertretern definiert, wie sich Versorgungsprozesse, Datennutzung und Technologien bis 2030 entwickeln müssen, damit die Gesundheitsversorgung noch robuster und sicherer wird. Ziel ist es, die Telematikinfrastruktur unter anderem für die elektronische Patientenakte (ePA) zu verbessern und die digitale Transformation von Versorgungsprozessen voranzutreiben. Dadurch sollen unter anderem sowohl der administrative Aufwand und das Risiko von Fehlmedikation gemindert als auch die Früherkennung von Risiken gefördert werden.
Das Gesundheitswesen hat hierzulande allerdings mit veralteten IT-Infrastrukturen zu kämpfen, die die Umsetzung dieser – und zukünftiger – Pläne sehr wahrscheinlich ausbremsen werden. IT-Landschaften, die auf Legacy-Strukturen aufbauen, haben einen spürbaren Einfluss auf die drei Dimensionen Menschen, Prozesse und Technologien.
Veraltete Infrastrukturen lassen das Risiko in die Höhe schießen
Eine veraltete und heterogene IT-Infrastruktur bringt viele Nachteile mit sich, die einen fortlaufenden Betrieb massiv behindern. Zum einen ist das Risiko von Schwachstellen und Ausfällen sehr hoch. Darüber hinaus ist sie wartungsintensiv, was nicht nur kostspielig ist, sondern die Sicherheit des Systems und folglich auch der Patienten und des medizinischen Personals zusätzlich gefährdet. Cyber-Kriminelle, die es auf sensible Patienten- und Gesundheitsdaten abgesehen haben, wissen, wie sie diese Schwachstellen gezielt anzugreifen haben. Darüber hinaus entwickeln sie ihre Methoden und Tools kontinuierlich weiter, um ihren Opfern immer einen Schritt voraus zu sein und mit Phishing- oder Social-Engineering-Angriffen den Betrieb in einer Gesundheitseinrichtung für längere Zeit lahmzulegen.
Wenn das Personal mehr Zeit in administrative Prozesse investieren muss
Das Fachpersonal sieht sich aufgrund zahlreicher Insellösungen und dezentralisierter Daten einer höchst komplexen IT-Landschaft gegenüber. Wenn die verschiedenen Systeme – einschließlich der IoT-Geräte sowie Kommunikations-, Verarbeitungs-, Management- und Monitoring-Lösungen – nicht miteinander vernetzt sind, wirkt sich das auf eine Vielzahl von Prozessen aus. Der allgemeine Betrieb gerät ins Stocken und wichtige Dokumente werden langsamer verarbeitet als eigentlich notwendig. Erschwerend kommt hinzu, dass Daten etwa durch Edge-Computing-Technologien über verschiedene Systeme gespiegelt werden müssen. Das verkompliziert die Governance und die Einhaltung gesetzlicher Datenschutzanforderungen. Außerdem besteht das Risiko, dass durch die fehlende Vernetzung der Systeme Wissenslücken in der Patientenbehandlung entstehen. Diese „systemischen Stolpersteine”, können nicht weiter akzeptiert werden.
Klare Vorgaben sowie integrierte Systeme mit standardisierten und sicheren Schnittstellen sind nötig. Die Basis dafür ist eine zielgerichtete Datenstrategie, die die Betreiber kritischer Infrastrukturen definieren, umsetzen und kontinuierlich weiterentwickeln müssen – sodass alle relevanten Dokumente und Patientendaten schnell verfügbar sind. Dadurch wird der bürokratische Aufwand reduziert, die Ressourcen des medizinischen Personals geschont und die Behandlungsqualität aufrecht gehalten.
Auf der nächsten Seite: Strategie und Transformation
Kurzum: Bevor das Gesundheitswesen die digitale Transformation überhaupt vorantreiben kann, ist eine grundlegende Modernisierung der ineffizienten Infrastruktur notwendig – einschließlich einer umfassenden Strategie.
Die richtige IT-Modernisierungsstrategie
Jedes Unternehmen stellt seine individuellen Anforderungen an seinen IT-Stack und seine Geschäftsprozesse. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen bereits einige Modernisierungsmaßnahmen eingeleitet haben. Daher muss die IT-Modernisierungsstrategie für laufende und zukünftige Projekte diese Faktoren berücksichtigen. Folglich gilt es in einem ersten Schritt, sowohl den aktuellen Reifegrad als auch die bestehenden Anforderungen zu definieren.
Die Cloud nimmt eine zentrale Rolle bei der IT-Modernisierung ein. Sie verschafft Gesundheitseinrichtungen eine höhere Skalierbarkeit und Flexibilität sowie eine effizientere Interoperabilität der einzelnen Systeme. Daher sollten sie vorab festlegen, welches Cloud-Modell am besten zu ihnen und ihren Anforderungen passt – Cloud-only, Hybrid- oder Multi-Cloud? Im Zuge dessen ist zu analysieren, welche Anwendungen und Daten in die Cloud übertragen werden sollen. Im Anschluss erfolgt der Aufbau und Implementierung der neuen Infrastruktur sowie die Migration der Workload. Währenddessen sorgen die parallellaufenden Legacy-Systeme dafür, dass es nicht zu schwerwiegenden Ausfällen kommt. Im letzten Schritt werden dank moderner Lösungen schlankere Prozesse implementiert.
Die modernere, wesentlich effizientere Infrastruktur ermöglicht nicht nur die Vernetzung zwischen einzelnen Systemen und Einrichtungen. Mit ihr können Gesundheitseinrichtungen zudem verschiedene Arbeitsabläufe automatisieren. Dadurch sinkt der bürokratische Aufwand, was das Personal entlastet und ihm mehr Zeit für eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung einräumt. Folglich sind Patienten – und auch die Mitarbeitenden – zufriedener. Innerhalb der neuen Infrastruktur können Gesundheitseinrichtungen hohe Sicherheits- und Compliance-Standards gewährleisten. Ein weiterer Vorteil: Die Betriebs- und Wartungskosten fallen im Vergleich zur Legacy-IT wesentlich geringer aus.
Drei grundlegende Prinzipien der Transformation
Bei der Definition einer Strategie sind drei grundlegende Prinzipien zu beachten, die für die Umsetzung und Weiterentwicklung der Digitalisierung und der damit verbundenen Transformation entscheidend sind:
- Offenheit: Es ist unerlässlich, von Anfang an alle relevanten Nutzergruppen und Fachabteilungen einzubeziehen, um Anwendungsfälle, Prozesse und den Mehrwert im Zusammenhang mit der Digitalisierung zu berücksichtigen. Die Aufgabe der IT besteht darin, die entsprechenden technischen Lösungen gemäß den Anforderungen zu entwickeln. Denn im Gegensatz zu früheren Entwicklungen, wie der Einführung von Service-Management-Strategien zur Optimierung des IT-Betriebs, handelt es sich bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens nicht ausschließlich um eine IT-Disziplin, die nur von der IT-Abteilung umgesetzt werden sollte.
- Klare Verantwortlichkeiten: Einer erfolgreichen Digitalisierung liegt die Festlegung von Stakeholdern und deren Verantwortlichkeiten zugrunde. Häufig scheitern die besten Initiativen aufgrund fehlender Definitionen und Zuweisungen von Rollen. Hierbei ist es von entscheidender Bedeutung, sowohl die Nutzer als auch die Umsetzer gleichermaßen einzubeziehen.
- Modularität: Digitale Insellösungen gilt es zu vermeiden. Denn eine erfolgreiche Digitalisierungsstrategie sollte modular und offen gestaltet werden. Das heißt, dass Schnittstellen zu anderen Technologien, Organisationen und Nutzergruppen von Anfang an berücksichtigt oder zu einem späteren Zeitpunkt einbezogen werden sollten. Isolierte IT-Strategien bergen nicht nur das Risiko deutlich längerer Umsetzungszeiten, sondern erweisen sich auch zunehmend als ineffizient, wenn es darum geht, neue Technologien zu übernehmen und den aktuellen Trends gerecht zu werden.
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Legacy-Systeme
Altsysteme bremsen Sicherheit aus
Ein einheitliche, standardisierte, skalierfähige und sichere Plattform bleibt das finale Ziel der IT-Modernisierung. Es gilt, diese Plattform individuell auf den jeweiligen KRITIS-Betrieb abzustimmen und einen durchdachten Rollout-Plan zu implementieren, durch den neue Prozesse reibungslos eingeführt werden können. Neben den bereits genannten Prinzipien gehören auch Schulungsprogramme für die Mitarbeiter und on-site IT-Support zu einem solchen Plan. Eine kontinuierliche Prüfung der Plattform hinsichtlich neuer Standards fördert zudem einen nachhaltigen IT-Modernisierungsprozess. Es bedarf also eines Partners, der beides abdeckt: die Beratung und Begleitung die Transformation, sowie das Management der IT als Managed Service Provider.
Fazit
Da veraltete IT-Landschaften einen (negativen) Einfluss auf das medizinische Fachpersonal, Patientenversorgungsabläufe und andere interne Prozesse sowie auf weitere technologische Komponenten haben, ist der Schritt in Richtung IT-Modernisierung unumgänglich. Es reicht nicht aus, wenn Gesundheitseinrichtungen ohne eine geeignete Strategie lediglich neue Software oder Hardware anschaffen.
Allerdings ist der Aufbau einer modernen, sicheren und nutzerfreundlichen IT-Landschaft mit Herausforderungen verbunden. Für diesen komplexen Prozess braucht es die entsprechende Expertise, ein Know-how über Technologien, sowie spezifische Kenntnisse der Gesundheitsbranche. Werden die notwendigen Modernisierungsmaßnahmen nur dürftig oder gar nicht umgesetzt, gefährdet das nicht nur das Projekt einschließlich aller Ressourcen, sondern auch die Gesundheitsversorgung.
Benedikt Ernst
ist Director, IT Strategy und Transformation bei Kyndryl Consult Deutschland.
Bildquelle: Kyndryl Consult Deutschland
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