Verbände-Anhörung zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz Daten nutzen, Vertrauen erhalten

Von Nicola Hauptmann Lesedauer: 4 min |

Die Zielrichtung stimmt, an den einzelnen Regelungen ist aber noch zu arbeiten – so ließen sich die Stellungnahmen der Verbände zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz zusammenfassen. In einem Punkt prallen die Meinungen von Krankenkassen und Ärztevertretungen aufeinander: Wenn es darum geht, ob die Kassen Patientendaten auswerten und ihre Versicherten zu medizinischen Angeboten beraten dürfen.

Nach welchen Kriterien ist die Nutzung der Gesundheitsdaten zu regeln? Statt bestimmte Akteure per Widerspruchsregelung auszuschließen, sei eine Entscheidung nach dem Nutzungszweck geboten, befindet etwa der BVMed
Nach welchen Kriterien ist die Nutzung der Gesundheitsdaten zu regeln? Statt bestimmte Akteure per Widerspruchsregelung auszuschließen, sei eine Entscheidung nach dem Nutzungszweck geboten, befindet etwa der BVMed
(© greenbutterfly – stock.adobe.com)

Trotz Sommerpause geht die Arbeit an den jüngsten Gesetzesvorhaben des Bundesgesundheitsministeriums weiter. Nach der Anhörung zum Entwurf des Digitalgesetzes in der vergangenen Woche bezogen die Verbände am Montag Stellung zum zweiten Teil des Gesetzesdoppelschlags, dem „Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten“, kurz: Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG), das in der geänderten Fassung vom 4. August 2023 vorlag.

Dass die Nutzung von Gesundheitsdaten gesetzlich geregelt werden muss, um eine bessere Versorgung zu erreichen und die Forschung voranzubringen, ist Konsens. Den mit dem GDNG unternommenen „Versuch, die schon vorhandenen Daten für die Versorgung endlich zu nutzen“, begrüßten die Krankenhäuser ausdrücklich, schreibt die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in ihrer Stellungnahme. Da das Potenzial von Gesundheitsdaten bisher viel zu wenig ausgeschöpft werde, sei es „grundsätzlich richtig, dass der Gesetzgeber den Zugang zu Gesundheitsdaten für Forschungszwecke jetzt erleichtern will“, sagt auch der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) Dr. Klaus Reinhardt, merkt aber zugleich an, das System müsse für alle an der Versorgung Beteiligten praktikabel bleiben.

Wer darf Patienten medizinisch beraten?

Deutlichere Zustimmung nicht nur zur Intention des Entwurfs, sondern auch zu den vorgeschlagenen Regeln kommt von den Krankenkassenverbänden. Mit dem neuen Gesundheitsdatennutzungsgesetz werde die Versorgung in Deutschland qualitätsorientiert weiterentwickelt, Gesundheitsdaten würden stärker und datenschutzkonform erschlossen und verwendet, befindet Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek). Eine Regelung findet ihren besonderen Zuspruch: „Sehr gut ist, dass die Kranken- und Pflegekassen nun endlich mehr Möglichkeiten erhalten, Gesundheitsdaten für die gezielte Beratung ihrer Versicherten zu verwenden", so könnten sie beispielsweise über besondere Versorgungsangebote informieren oder auf Präventionsangebote hinweisen.

Doch in diesem Punkt widersprechen die Ärzteverbände energisch: „Krankheitsfrüherkennung oder gar die Identifikation akuter Gesundheitsgefährdungen allein auf Basis von Abrechnungsdaten ist sehr unzuverlässig und kann medizinisch sogar fahrlässig sein“, warnt BÄK-Präsident Reinhardt.

Die umfassende Befugnis der Kranken- und Pflegekassen, die bei ihnen vorhandenen Daten ohne Einwilligung zur Ermittlung individueller Gesundheitsrisiken auszuwerten, Versicherte direkt zu informieren und damit medizinisch zu beraten, sei komplett abzulehnen, sagt Prof. Dr. Henriette Neumeyer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der DKG: „Kranken- und Pflegekassen haben nicht das medizinisch pflegerische Know-how, um dies zu tun. Mit solchen Empfehlungen würden sie in die Therapiegestaltung von Leistungserbringern eindringen und das zentrale Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten zerstören.“

Ebenso klar äußert sich auch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA): „Die Absicht, den Kranken- und Pflegekassen als neue freiwillige Aufgabe eine automatisierte datengestützte Auswertung zwecks individualisierter Ansprache ihrer Versicherten zuzuweisen (§ 287a SGB V (neu)), lehnen wir als schwerwiegenden Eingriff in das persönliche Beratungsverhältnis zwischen Patientinnen und Patienten und den Leistungserbringern strikt ab.“ Begründet wird das mit der resultierenden Verunsicherung bei den Versicherten und auch damit, dass die Datenbestände bei den Krankenkassen weder vollständig noch aktuell seien. Zudem wird die Qualität der Empfehlungen erheblich angezweifelt.

Die BÄK beschränkt sich nicht auf Kritik, sondern unterbreitet auch einen Vorschlag: In Pilotprojekten mit der ärztlichen Selbstverwaltung sollte zunächst evaluiert werden, ob sich durch solche automatisierten Datenauswertungen Risiken tatsächlich besser identifizieren ließen und wie solche Informationen sinnvoll in den Behandlungsprozess eingebracht werden können.

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