Kosten-Nutzen-Umfrage Digitalisierung: Nützlich, aber fehlerbehaftet

Von Natalie Ziebolz Lesedauer: 3 min |

Die Digitalisierung kostet. Das bekommen vor allem diejenigen zu spüren, die die Vorgaben von Bund und Ländern umsetzen müssen, also die Praxen. Doch wie schätzen diese den Nutzen der Technologien ein?

Ärzte und Psychotherapeuten setzen vermehrt auf Videosprechstunden – Vorteile haben diese jedoch vor allem für die Patienten
Ärzte und Psychotherapeuten setzen vermehrt auf Videosprechstunden – Vorteile haben diese jedoch vor allem für die Patienten
(Bild: Studio Romantic – stock.adobe.com)

7.000 bis 15.000 Euro mussten Ärzte und Psychotherapeuten 2021 für Einrichtung und Instandhaltung ihrer IT-Infrastruktur aufwenden. Die genaue Höhe der Summe hing dabei von der Praxisart ab: So beliefen sich die Kosten in Einzelpraxen auf rund 7.000 Euro, in Praxisgemeinschaften auf etwa 8.000 Euro und Berufsausübungsgemeinschaften mussten im Schnitt 15.000 Euro investieren. Damit wird die Digitalisierung für die Praxen immer teurer, im Jahr 2018 lagen die Kosten bei etwa 4.843 Euro, 2019 bei 6.034 Euro. Das subjektive Empfinden der Ärzteschaft, die bei der Umfrage „Kosten und Nutzen von Investitionen in die Digitalisierung in der vertragsärztlichen Versorgung“ teilnahm, dass die Digitalisierung „sehr kosten- und zeitintensiv“ ist, bestätigt sich damit.

Dafür ist die IT-Infrastruktur bei drei Vierteln der Befragten allerdings auch jünger als vier Jahre. „Besonders aktuell gehalten wurden den Angaben zufolge die IT-Sicherheit (90,7 Prozent gaben sehr neu oder eher neu an) sowie die Betriebssysteme (87,8 Prozent wählten sehr neu oder eher neu)“, heißt es in der Studie. In den meisten Fällen übernehmen auch nicht die Ärzte beziehungsweise Therapeuten (32,7 Prozent) und Medizinischen Fachangestellten (8,9 Prozent) die Instandhaltung, sondern externe Dienstleister/Softwarehäuser (54,8 Prozent).

Dennoch sind die Praxen nicht vor Ausfällen gefeit. Von einem Drittel der Teilnehmenden lagen Freitextantworten zum Stand der digitalen Infrastruktur vor. Darin monieren sie neben der unproportionalen Kosten-Nutzen-Relation auch nicht funktionierende Digitalisierungsmaßnahmen – meist bezogen auf die Telematikinfrastruktur. Doch auch Probleme mit Software, Technik oder Netzabdeckung machen Ärzten und Psychologen bei der täglichen Arbeit zu schaffen. Hinzu kommt mangelndes Know-How in Bezug auf Digitalisierungsthemen.

Nichtsdestotrotz haben einige der Befragten auch eine Arbeitserleichterung festgestellt. Als besonders effizientes Tool in diesem Zusammenhang gilt das digitale Terminmanagement, da es Wartezeiten in der Praxis reduziert (48,9 Prozent), die Terminvergabe beschleunigt (64, 4 Prozent), das Praxispersonal entlastet (62,2 Prozent) und sich die Zufriedenheit der Patienten erhöht hat (57,8 Prozent). Knapp 15 Prozent nutzen entsprechende Anwendungen.Von diesen haben zwei Drittel das digitale Terminmanagement in die Praxisverwaltungssoftware (66,7 Prozent) beziehungsweise über die Praxiswebseite (62,2 Prozent) integriert. 33,3 Prozent nutzen hingegen Onlineportale, wie Doctolib oder Jameda. Die Kosten für die Anschaffung der Software beliefen sich im Median auf 500 Euro. Für die Wartung inklusive Problembehandlung fielen weitere 450 Euro an. Hinzu kommen Weiterbildungskosten in der Höhe von 50 Euro.

Doch auch Videosprechstunden haben Vorteile – wenn auch weniger für das Praxispersonal. Am meisten profitieren laut den Befragten die Patienten und Patientinnen von diesen, da sie sich so lange Anfahrtswege sparen (74,8 Prozent). Aber auch für die Besprechung von Untersuchungsergebnissen werden sie gerne genutzt (42,7 Prozent).

Insgesamt bieten bereits 43 Prozent der Vertragsärzte und Psychotherapeuten Videosprechstunden an. Die Kosten für die Einführung beliefen sich bei ihnen im Schnitt auf 320 Euro. Darin enthalten sind 100 Euro für die Anschaffung zusätzlicher Hardware und im Schnitt 32 Euro für die Software.

„Die teilnehmenden niedergelassenen Vertragsärztinnen und -ärzte sowie die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten stehen der Digitalisierung offen gegenüber“, folgern KVWL-Vorstand Thomas Müller und der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. Digitale Anwendungen müssten allerdings ausgereift sein, verlässlich funktionieren und sich ohne zusätzlichen bürokratischen Aufwand in den Praxisalltag integrieren lassen. „Außerdem gibt es die digitale Arztpraxis von morgen nicht zum Nulltarif. Die Politik muss deshalb jetzt den Rahmen für eine ausreichende Finanzierung setzen. Es kann nicht sein, dass der Fokus hier nur auf den Krankenhäusern liegt. Die weit überwiegende Mehrheit der Behandlungsfälle wird von den Praxen geleistet – und das zumeist in fachübergreifender Zusammenarbeit. Rund 85 Prozent aller Patientinnen und Patienten werden von zwei und mehr Praxen pro Jahr behandelt. Deshalb fordern wir nachdrücklich ein Praxiszukunftsgesetz, das die Refinanzierung digitaler Investitionen klar und verlässlich regelt.“

Weitere Details der Umfrage können Sie hier nachlesen:

Über die Umfrage

Im Rahmen der Umfrage zu „Kosten und Nutzen von Investitionen in die Digitalisierung in der vertragsärztlichen Versorgung“, initiiert vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) und der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KV WL), wurden zwischen 7. März bis 30. April 2022 rund 300 Vertragsärzte und Psychotherapeuten befragt.
Vor der Auswertung wurde die Datensätze auf Plausibilität geprüft und eine Datenbereinigung durchgeführt. Fehlerhafte/Unvollständige Angaben wurden korrigiert oder gänzlich aus der Auswertung ausgeschlossen.
Die mittleren Kosten wurden ausnahmslos im Median angegeben, da dieser robuster gegenüber Ausreißerwerten ist.

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