3. öffentliche Sitzung des Interop Councils Geeint durch Einigkeit

Von Chiara Maurer Lesedauer: 6 min |

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Am 7. November fand eine weitere öffentliche Sitzung des Interop Councils statt. Mitglieder und Experten diskutierten über Themen wie etwa eine Referenzarchitektur, die IOP-Roadmap und weitere Themen. Im Fokus stand jedoch der Evaluationsbericht der Koordinierungsstelle.

Gemeinsam erarbeiten die Mitglieder der Arbeitskreise Lösungen
Gemeinsam erarbeiten die Mitglieder der Arbeitskreise Lösungen
(© Hiraman – Getty Images via Canva.com)

„Wir müssen auch nicht harmonisch zu Ergebnissen kommen“, so Prof Dr. Sylvia Thun, Vorsitzende des Interop Council, mit Blick auf den vergangenen 8. Deutschen Interoperabilitätstag. Der Rückblick auf die Veranstaltung fand im Rahmen der öffentlichen Sitzung des Interop Councils statt und bot einen Überblick über das Stimmungsbild auf dem Event. Dieses zeigte einen starken Drang nach vorne beim Thema Interoperabilität – das spiegelte sich auch bei der Sitzung wider.

Beteiligte ziehen an einem Strang

Zuletzt sorgte der Release der neuen Version FHIR R5 für Unruhe in der deutschen Community, wie auch Simone Heckmann, Geschäftsführerin der Gefyra GmbH und Vertreterin der Industrieverbände im Interop Council, erklärte. Als Reaktion darauf wurde ein Roundtable zur R5-Spezifikation durchgeführt auf dem sich zeigte: Die Community ist sich einig – keine der teilnehmenden Organisationen des Roundtables möchte einen Release-Wechsel zu R5 durchführen.

Stattdessen wolle man auf künftige Versionen warten, um ständige Wechsel so gut wie möglich vermeiden und auch der Industrie Sicherheit bieten zu können, erklärte Heckmann. Durch den Verbleib auf der Version R4 könnten alle Organisationen einen gemeinsamen Weg gehen und so Inkompatibilitäten vermeiden. Dennoch sei nicht ausgeschlossen, dass einzelne Features aus R5 genutzt werden, dazu müsse jedoch kein völliger Release-Wechsel stattfinden.

Besonderer Fokus der Veranstaltung lag auf der Vorstellung des Evaluationsberichts der Koordinierungsstelle. Im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums sollte das Forschungsinstitut inav Ergebnisse zur Bewertung der Koordinierungsstelle liefern. Nach 32 Interviews, einer Umfrage unter 190 Expertinnen und Experten und einer Analyse der Dokumente der Koordinierungsstelle und der Wissensplattform INA, fasst Malte Haring, Geschäftsführer der inav GmbH, zusammen: „Insgesamt fallen die Ergebnisse der Evaluation sehr positiv aus. Die Einrichtung der Koordinierungsstelle war ein wichtiger Schritt hin zur transparenten Etablierung von Interoperabilitätsstandards. Es gibt in der Fachcommunity eine große Bereitschaft, dieses Anliegen gemeinsam weiter voranzutreiben.“

Dabei betont er die große vorherrschende intrinsische Motivation, die bei allen Beteiligten schwerer wiegen würde als die Aufwandsentschädigung. Es bestünde ein gemeinsamer Wille, die Ergebnisse der Arbeitskreise nutzbar zu machen, um auch in der Industrie Anwendung zu finden.

Dennoch gibt es auch bisher noch ungenutztes Potenzial. Haring dazu: „Die Grundlage ist vielversprechend aber es gibt durchaus noch Inhalte die sich perspektivisch mehr ausdifferenzieren müssen.“ Dabei soll die Wissensplattform INA künftig ein wichtiger Baustein sein. Auf dieser wird zukünftig unter anderem transparent dargestellt, welche Software-Anbieter Interoperabilitätsanforderungen nachweislich erfüllen.

Thomas Süptitz, Leiter Referat „Cybersicherheit und Interoperabilität“ im Bundesgesundheitsministerium, dazu: „Wir freuen uns, dass sich die Koordinierungsstelle nach so kurzer Zeit etabliert hat und einen so wichtigen Beitrag leistet. Der Bericht zeigt aber auch klar, dass hier noch mehr Potential besteht. Der Ausbau und die Weiterentwicklung der Rolle der Koordinierungsstelle zum Kompetenzzentrum, wie sie auch das aktuelle Digitalgesetz vorsieht, ist daher folgerichtig und unerlässlich. Das zukünftige Kompetenzzentrum wird noch stärker als bisher die Umsetzung der Interoperabilität im Gesundheitswesen aktiv gestalten.“

Von Seiten der Koordinierungsstelle selbst heißt es, man sehe den Evaluationsbericht als Nachschlagewerk, um künftig prüfen zu können, ob man sich mit der Entwicklung auf dem richtigen Kurs befinde. Zwar habe man noch nicht „die 42 gelöst“ und die Verbesserung sei ein kontinuierlicher Prozess, jedoch erklärt Stefan Höcherl, Leiter der Koordinierungsstelle der gematik, dazu: „Wir sind dabei, erste Optimierungen umzusetzen. Ganz konkret arbeiten wir aktuell an mehr Transparenz und Nutzerfreundlichkeit auf unserer Wissensplattform INA beim Thema Melden von IOP-Problemen.“

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Ergebnisse der Arbeitskreise

Im weiteren Verlauf stellten zwei Arbeitskreise die Ergebnisse ihrer Arbeit vor. Der AK zur Referenzarchtiktektur kam zum Schluss, dass diese Art der IT-Architektur durchaus Potenzial innehabe. Auch in einem Stimmungsbild, das im Rahmen der Veranstaltung durch eine Online-Umfrage eingefangen wurde, sahen rund 60 Prozent der Teilnehmenden das Potenzial. Jedoch wurde auch die Balance zwischen Aufwand und nutzen, sowie die Definition der verwendeten Begrifflichkeiten, als Schwierigkeiten identifiziert. So sehe man die Möglichkeiten der Referenzarchitektur, habe jedoch auch Respekt vor der Dicke des Bretts, hieß es von Seiten des Arbeitskreises.

Ein Blick zu den holländischen Kollegen könnte dabei eine Chance für Deutschland darstellen. Die dortige Krankenhaus-Referenzarchtiktur ZiRA dient dazu, die Bestandsaufnahme, Entwicklung und Innovation der Krankenhaus-IT zu erleichtern und ist bereits erfolgreich.

Dr. Frank Oemig, Cerner Health Services Deutschland und Teil der Gruppe Standardisierungs- und Normungsorganisation, fasst deshalb zusammen: „Die Erstellung einer solchen Referenzarchitektur ist ein iterativer Prozess, der vielleicht über mehrere Jahre gehen wird aber auch schon kurzfristig erste Ergebnisse liefern kann.“ So seien etwa die Etablierung einer Community, die Definition der Begrifflichkeiten sowie von ersten Szenarien, die Handeln erfordern, erste Schritte, die in nicht allzu ferner Zukunft angegangen werden könnten. Und auch der Blick nach Holland sowie die Nutzung von Erfahrungen unserer Nachbarn, könne zeitnah umgesetzt werden.

Auch der Arbeitskreis Fachanwender Journey Onkologie konnte positive Ergebnisse präsentieren. Der AK befasste sich mit intersektoralem und interproffessionellem Blick mit Prozessen der Onkologie. Der Hauptfokus lag dabei auf dem Thema Lungenkarzinom.

Ziel des Kreises war es, analoge und digitale Schnittstellen entlang der gesamten Anwender-Journey aufzubereiten.Dazu wurde ein Katalog onkologischer Datenelemente (KOD) erstellt, der als Core Data Set fungierte. Durch eine systematische Standardisierung der Datenelemente konnte anschließend eine zentrale Stelle für ein durchegehendes Versionsmanagement des Katalogs eingerichtet werden. Dabei stellte der AK fest, dass die Terminologie von der von Datensatzverschreibung losgelöst werden muss.

Künftig sollten so benötigte onkologische Datenelemente ausgeschrieben und pilotiert werden. Jedoch unter Berücksichtigung, dass es bereits Elemente gibt, die nicht neu entwickelt, sondern nur harmonisiert werden müssen.

IOP-Roadmap: (Fast) Halbzeit

Zur Halbzeit der IOP-Roadmap gab Jörg Studzinski, Projektleiter für Digitalisierung im Verbund der AGAPLESION Mitteldeutschland und Vertreter der Fachgesellschaften im Interop Council, einen Überblick über die Maßnahmen im ersten Jahr. Direkt zu Beginn betonte er dabei: „Die Roadmap bleibt weiterhin unser Arbeitsprogramm. Es ist jetzt Zeit für uns, sich die zweite Hälfte anzuschauen, mit Themen zu bestücken und bestehende Projekte zu repriorisieren.“

Das sei wichtig um auf aktuelle Änderungen auf dem Markt, im Gesundheitssystem und geänderte gesetzliche Rahmenbedingungen reagieren zu können und so auch dem technischen Fortschritt sowie Nutzeranforderungen gerecht zu werden. Schließlich biete die Roadmap nur so die Möglichkeit, die Fachöffentlichkeit, den Expertenkreis und anderen Interessierten so die nötige Transparenz zu bieten und so Synergien zu schaffen.

Bei der Wahl der Themen sei käme es besonders darauf an, Maßnahmen zu wählen, die mit den aktuellen personellen und finanziellen Ressourcen umsetzbar seien.

In einem weiteren Tagespunkt wurden zudem die neuen Mitglieder des Councils vorgestellt. Jedes der bisherigen Mitglieder erhält so einen Stellvertreter, um die Kraft des Councils zu erweitern, Meinungen und Unterstützung einzubringen und auch um Arbeitskreise zu leiten. Bisher noch nicht vorgestellte neue Mitglieder sind:

  • Dr. Kai Heitmann, Geschäftsführer HL7 Deutschland, selbständiger Berater, als Stellvertreter der Standardisierungs- und Normungsorganisationen und
  • PD Dr. Simone Wesselmann, Deutsche Krebsgesellschaft e.V., als Stellvertreterin der Fachgesellschaften.

Zuletzt stand die frage im Raum, wie das durch den Council in den Arbeitskreisen gewonnene Wissen in die Anwendergruppen transportiert werden könne. Eine Online-Befragung zeigte, wider Erwarten einiger Mitglieder, dass das gemeinsame Explorieren etwa in Workshops oder moderierten Diskussionsrunden dem Selbststudium mit Workbooks oder Podcasts vorgezogen wurde.

Dr. Kai Haitmann kommentierte dazu: „Ich glaube, dass Zielgruppengerichtete Angebote ganz wichtig sind. Wir müssen wissen, für wen wir das machen.“ Zudem müsse der Fokus auf moderne Lösungen gelegt werden.

Die Veranstaltung abschließend resümierte Dr. Sylvia Thun: „Wir wissen, es ist viel viel zu tun. Es ist nicht einfach, aber es geht.“

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