Zukunft des Gesundheitswesens WHO ruft zu Investitionen im Bereich der Digitalisierung auf

Von Johannes Kapfer Lesedauer: 4 min

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Die Einführung digitaler Lösungen im Gesundheitswesen hat in den letzten Jahren in Europa stark zugenommen und die Art und Weise, wie Patienten in Krankenhäusern sowie zu Hause behandelt werden, nachhaltig verändert. Digitale Lösungen können dabei nicht nur zur Diagnostik sondern auch zu verbesserten Behandlungsmöglichkeiten beitragen und die Ärzteschaft sowie das Pflegepersonal entlasten.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verfügt über 53 Mitgliedsstaaten in der Region Europa. Einige davon können lediglich rudimentäre Grundvoraussetzungen für die Digitalisierung des Gesundheitswesens vorweisen. Ein neuer WHO-Report zeigt diesbezüglich Handlungsempfehlungen auf.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verfügt über 53 Mitgliedsstaaten in der Region Europa. Einige davon können lediglich rudimentäre Grundvoraussetzungen für die Digitalisierung des Gesundheitswesens vorweisen. Ein neuer WHO-Report zeigt diesbezüglich Handlungsempfehlungen auf.
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Der Bericht mit dem Titel „Digital health in the European Region: the ongoing journey to commitment and transformation“, der diese Woche in Porto auf dem zweiten WHO-Symposium zur Zukunft des Gesundheitswesens im digitalen Zeitalter in Europa vorgestellt wurde, berücksichtigt alle 53 Mitgliedsstaaten der erweiterten Region „Europa“. Wenngleich auch die Covid-19-Pandemie als Katalyator für die Digitalisierung im Allgemeinen und die Verwendung von digitalen Gesundheitstools und -richtlinien gedient hat, mahnt die Weltgesundheitsbehörde (WHO) in ihrem Bericht, dass der Weg bis zu einer vollumfänglichen Digitalisierung des europäischen Gesundheitssystems noch durchaus eine gewisse Länge aufweist.

Die zweitägige Veranstaltung, die gemeinsam mit dem portugiesischen Gesundheitsministerium ausgerichtet wurde, brachte mehr als 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Europa zusammen, um ein besseres Verständnis zu vermitteln, wie der Public Sector mit der Wirtschaft zusammenarbeiten kann, um bestehende Lücken im Bereich der „Digital Healthcare“ nachhaltig zu schließen.

Die digitale Spaltung des Gesundheitswesens

Als zentrales Risiko für das Gesundheitssystem wird – laut der Studie – eine Spaltung aufgrund der ungleichen Bereitstellung und Nutzungsmöglichkeiten digitaler Lösungen identifiziert. Das bedeutet, dass Millionen von Menschen in Europa immer noch nicht von digitaler Gesundheitstechnologie profitieren können. Dieses Ungleichgewicht möchte die WHO durch gezielte Investitionen in Technologie und Kapazitäten von Gesundheitsdienstleistern begegnen, sodass alle Bürgerinnen und Bürger in der Lage sind, auf digitale Gesundheitstechnologie zuzugreifen und sie souverän und inklusiv zu nutzen.

„Es ist eine traurige Ironie, dass Menschen mit limitierten digitalen Fähigkeiten oft diejenigen sind, die am meisten von digitalen Gesundheitstools und Interventionen profitieren könnten. Diese Ungleichheit muss für die digitale Transformation des Gesundheitssektors behoben werden“, betonte der europäische Direktor der WHO, Dr. Hans Henri P. Kluge. Es sei klar, dass die digitale Gesundheit die Gegenwart und Zukunft unserer Gesundheitssysteme darstelle. Deswegen sei es ihm umso wichtiger, dass man als Weltgesundheitsbehörde sicherstelle, dass beim Leuchtturmprojekt „Digital Health“ niemand zurückgelassen werde, so Kluge.

Weiterhin zeigt die Studie auf, dass die überwiegende Mehrheit der Länder in Europa über eine nationale Strategie für digitale Gesundheit verfügt. Wichtig sei es, dass sehr zeitnah alle 53 Mitgliedsstaaten nationale Gesetze zum Schutz persönlicher Daten umsetzen.

Folgende Mängel und systemkritische Schwachstellen hebt der WHO-Report hervor:

  • Ausschließlich 19 Länder haben Leitlinien zur Bewertung digitaler Gesundheitsinterventionen entwickelt. Diese tragen maßgeblich zur Sicherheit und Effizienz dieser bei.
  • Weniger als die Hälfte der Länder in Europa hat Richtlinien für digitale Gesundheitskompetenz entwickelt und einen Plan zur digitalen Inklusion umgesetzt.
  • Dreißig Länder haben Gesetzgebungen zur Unterstützung von Telemedizin erst im Verlauf der COVID-19 Pandemie eingeführt.
  • Viele Länder verfügen über keine Zentralstelle zur Überwachung von mobilen Gesundheits-Apps (mHealth) hinsichtlich Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit.
  • Lediglich 15 Prozent der europäischen Länder können staatliche geförderte mHealth-Programme vorweisen.
  • Etwas mehr als die Hälfte der Länder hat eine Datenstrategie entwickelt, die die Datennutzung im Gesundheitswesen nachhaltig reguliert.

Auf der nächsten Seite: Wie die Länder ihr Gesundheitswesen sinnvoll ins digitale Zeitalter führen können.

„Wir befinden uns an einem Scheidepunkt, an dem Gesundheit, Wohlbefinden und Technologie sowie digitale Tools und Gesundheitsfürsorge aufeinandertreffen“, sagt Dr. Natasha Azzopardi-Muscat, Direktorin für landesspezifische Gesundheitspolitik und -systeme im europäischen WHO-Regionalbüro. Der Bericht würde klar verdeutlichen, welche Stellschrauben im Gesundheitswesen bedient werden müssen, sodass man sicherzustellen vermag, dass die Menschen Vertrauen in Gesundheitstools entwickeln und diese auch langfristig beibehalten. Weiterhin müsse man garantieren, dass man – unabhängig von Standort sowie technischer Ausstattung – auf diese digitalen Assistenzsysteme zugreifen kann, betont Azzopardi-Muscat. Ein besonderes Augenmerk müsste dabei auf zwei Bevölkerungsgruppen gelegt werden. Frauen und Mädchen, die oftmals weniger technikaffin seien und über weniger gute Zugänge zum Bildungssystem verfügen, und die Gruppe der Seniorinnen und Senioren, die generationsbedingt nicht mit diesen Technologien aufgewachsen sind.

Der Weg zur digitalen Gesundheitstransformation

Im WHO-Bericht werden drei essentielle Empfehlungen ausgesprochen, die als Grundvoraussetzung für ein starkes, nachhaltiges und digitales Gesundheitswesen der Zukunft angesehen werden können:

  • Jeder Haushalt und jede Gemeinschaft benötigt einen stabilen und kostengünstigen Internetzugang.
  • Die Sicherheit von Gesundheitsdaten muss gewährleistet sein, um Vertrauen in digitale Gesundheitstools aufzubauen und zu erhalten.
  • Digitale Gesundheitstools – einschließlich elektronischer Patientenakten – müssen national wie international interoperabel sein.

„Europa kann – und sollte – eine Vorreiterrolle in der digitalen Gesundheit einnehmen“, bekräftigte Dr. Kluge. „Unser Bericht zeigt, dass die Region von einer starken Position aus startet – und dass obwohl der Gesundheitssektor immer noch weit von anderen Sektoren abgehängt ist. In vielen Ländern wurden digitale Gesundheitsprogramme bisher eher Ad-Hoc entwickelt. Das muss sich ändern.“

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Um das volle Potenzial des Gesundheitswesens auszuschöpfen, müsse es als strategische langfristige Investition betrachtet werden, und nicht als Luxusgut für einige Wenige. Dies erfordere politischen Willen. „Aufregende und lebensverändernde Möglichkeiten stehen uns bevor. Möglichkeiten, die auf die Gleichheit und Gesundheit aller aufbauen.“

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