Interoperabilität Wissen Sie, wo all Ihre Patientendaten gespeichert sind?

Von Alexander Ryan Lesedauer: 6 min

Wissen ist Macht. Das gilt auch in der Gesundheitsversorgung. Je mehr Patienteninformationen zur Verfügung stehen, desto fundierter können medizinische Entscheidungen getroffen und eine optimale Krankenversorgung gewährleistet werden. Eine der größten Herausforderungen für Gesundheitseinrichtungen ist jedoch, dass viele IT-Systeme, Anwendungen und medizinische Geräte noch immer nicht miteinander kommunizieren können. Es mangelt an Interoperabilität.

Ob Bilder aus der Radiologie oder Informationen aus dem Anamnesegespräch – sie alle müssen im Krankenhaus zusamengeführt werden.
Ob Bilder aus der Radiologie oder Informationen aus dem Anamnesegespräch – sie alle müssen im Krankenhaus zusamengeführt werden.
(Bild: Hyland)

Wissen Sie, wo überall in Ihrer Gesundheitseinrichtung Patientendaten gespeichert sind? Besonders spannend wird diese Frage, wenn es um unstrukturierte Daten geht, also medizinische Bilder, Krankenblätter, Laborergebnisse, Multimediadateien, Einwilligungen und eingescannte Dokumente. Häufig befinden sich solche Daten in verschiedenen Anwendungen und Dateien und sind für Teams, die nur mit den zentralen IT-Systemen arbeiten, unzugänglich. Die Folge: Klinikern fehlen in ihrem Arbeitsalltag wichtige Teile des komplexen „Puzzles Patient“ – oder sie verschwenden wertvolle Zeit auf der Suche nach diesen Informationen.

Tatsächlich zeigen aktuelle Daten ein besorgniserregendes Bild: Laut einer HIMSS-Umfrage von 2023 fehlen in 65 Prozent der Gesundheitssysteme medizinische Bilder und andere unstrukturierte Informationen am Point of Care. Das volle Ausmaß des Problems wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass mehr als 75 Prozent der Patientendaten unstrukturiert vorliegen, also beispielsweise als medizinische Bilder – und diese Zahl steigt mit jedem Jahr um weitere 50 Prozent.

Diese Situation ist sowohl für das Personal als auch für die Patienten untragbar. Es ist höchste Zeit, dass Gesundheitseinrichtungen das Thema Interoperabilität ganz oben auf ihre Agenda setzen.

Fünf Gründe für mehr Interoperabilität

„Eine wichtige Voraussetzung für eine reibungslose elektronische Kommunikation beziehungswiese den Austausch von Informationen im Gesundheitswesen ist, dass die eingesetzten Systeme die gleiche Sprache sprechen, also interoperabel sind.“ So heißt es auf der Website des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Interoperabilität bedeutet also, dass Systeme auf intelligente Weise miteinander kommunizieren können, um sicherzustellen, dass die richtigen Daten zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar sind. Dabei sollten im Idealfall unstrukturierte mit strukturierten Daten in einer einzigen Ansicht integriert werden, sodass Kliniker jederzeit auf alle relevanten Informationen zugreifen können.

Mit dem Krankhauszukunftsgesetz (KHZG) sollen u. a. Interoperabilität und Datenaustausch im Gesundheitswesen gefördert werden. Ziel ist es, standardisierte Schnittstellen und Protokolle zu schaffen, die einen nahtlosen Datenaustausch zwischen verschiedenen Gesundheitssystemen und Anbietern ermöglichen. Dies erleichtert den sicheren Austausch von Patienteninformationen unter Wahrung des Datenschutzes und der Datensicherheit. Insgesamt wird ein Fördervolumen von 4,3 Milliarden Euro bereitgestellt, um notwendige Investitionen zu fördern.

Was also sind die Hauptvorteile von Interoperabilität?

1. Bessere Qualität der Pflege

Unstrukturierte Daten sind ein wesentlicher Bestandteil in der Dokumentation von Krankengeschichten. Ohne schnellen und einfachen Zugriff auf Krankenblätter, Befunde und andere klinische Dokumente kann eine medizinische Therapie zum Blindflug werden. Durch die Integration medizinischer Bilder und unstrukturierter Patienteninhalte in tägliche Arbeitsabläufe und Workflows der elektronischen Patientenakte (EPR) können die Leistungserbringer auf genau die kontextbezogenen Informationen zugreifen, die sie brauchen, um fundiertere Entscheidungen zu treffen und eine angemessenere Versorgung in Echtzeit zu gewährleisten. Die Technologie ermöglicht außerdem abteilungsübergreifend eine einfache Erfassung, gemeinsame Nutzung und Interpretation medizinischer Bilder, was eine effektivere und effizientere Entscheidungsfindung ermöglicht. Interoperabilität ist ein zentraler Baustein, um sich einen ganzheitlichen Überblick über die Krankengeschichte des Patienten zu verschaffen und verbessert so die Qualität der Versorgung und die Ergebnisse für Patienten.

Auf der nächsten Seite: Kosten, Datenschutz und Innovationen.

2. Höhere Effizienz und geringere Kosten

Ein Blick auf die bestehende Technologie vieler Kliniken und Praxen zeigt vor allem monolithische Systeme. Das sind riesige, in sich geschlossene Lösungen, die viele verschiedene Aufgaben erfüllen und deshalb – so lautete zumindest viele Jahre das Versprechen – ganz ohne den Einsatz weiterer Technologien auskommen. Die Integration neuer Technologien und der zunehmend spezialisierte technische Support dieser geschlossenen Systeme ist jedoch teuer – genau wie die Ablöse dieser Softwarelösungen, weshalb viele Gesundheitseinrichtungen eine Modernisierung scheuen.

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Unternehmen, die sich für den Schritt hin zu einer unternehmensweiten Software entscheiden, die eine unkomplizierte Integration von unstrukturierten Inhalten ermöglicht, können ihren Technologie-Stack verkleinern. Das reduziert nicht nur die Gesamtkosten, sondern auch die Komplexität – und steigert die Effizienz. Hyland Healthcare bietet zum Beispiel vorgefertigte Lösungen, die den Wert von Healthcare-IT-Systemen erhöhen und sich in wenigen Schritten in ePA- und andere Kernsysteme integrieren lassen – und das zu geringeren Kosten als bei der Anschaffung einzelner Anwendungen. Durch den Einsatz von Intelligent-Automation-Lösungen zur Erfassung, Klassifizierung und Integration von Patientendaten aus anderen Quellen in das ePA-System können klinische Teams sich zudem auf strategischere Aufgaben konzentrieren. Die Folge sind zufriedenere Mitarbeitende und weitere Kosteneinsparungen.

3. Mehr Kontrolle und Datenschutz für Patienten

Interoperabilität eröffnet neue Self-Service-Möglichkeiten für Patienten und ermöglicht den Zugang zur Einsicht und Weitergabe von eigenen medizinischen Daten und das Ausfüllen von Webformularen. Solche Tools geben Patienten das gute Gefühl, mehr Kontrolle über ihre eigene Gesundheitsversorgung zu haben, und fördern zudem den Datenschutz der Patienten durch die Reduzierung von Papierunterlagen, die potenziell einsehbar wären. Außerdem können durch entsprechende Systeme manuelle Fehler reduziert, die Versorgung beschleunigt und Kosten gesenkt werden.

4. Bessere Möglichkeiten für flexible Innovationen

In einem idealen Szenario können Mitarbeitende einfach und kostengünstig eine unbegrenzte Anzahl von Content-Anwendungen mitentwickeln, die sie dabei unterstützen, die Arbeit mit ihrem bestehenden System und darüber hinaus zu bewältigen. Durch den Zugang zu einer Enterprise-Information-Plattform, die vielseitige Low-Code-Optionen zur Entwicklung und Konfiguration bietet, können Anwendungen sehr einfach und bedarfsgerecht erstellt werden. Das ermöglicht es Gesundheitseinrichtungen, schnell auf einen sich verändernden Gesundheitsmarkt zu reagieren und wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Implementierung der Software gewährleistet zudem die Sicherheit der Daten durch Sicherheits- und Überwachungssysteme und Schulungen der Mitarbeitenden.

5. Bessere Compliance

Cybersicherheit und die Einhaltung von rechtlichen Vorschriften haben im klinischen Umfeld höchste Priorität. Daher brauchen Organisationen Partner, die sicherstellen, dass die Geschäftskontinuität gewahrt bleibt und dass effektive Disaster-Recovery-Prozesse zum Schutz sensibler Daten vorhanden sind. Content-Services-Lösungen wie die von Hyland schützen Gesundheitsdaten und erfüllen gängige Interoperabilitätsstandards.

Interoperabilität: Wie das KHZG helfen kann

Obwohl die Vorteile von interoperablen Systemen vielfach bekannt sind, kämpfen Gesundheitseinrichtungen noch immer mit der Implementierung. So ergab die HIMSS-Studie, dass 73 Prozent der unstrukturierten Patientendaten und -inhalte in Gesundheitseinrichtungen für die wichtigsten klinischen Akteure unzugänglich sind. 53 Prozent gaben an, dass sie bereits Probleme haben, diese Daten überhaupt zu identifizieren – was nur der erste Schritt im Prozess wäre. Denn sobald diese Daten gefunden sind, müssen sie konsolidiert und verknüpft werden. Gleichzeitig gaben 90 Prozent an, dass es für Kliniker wichtig sei, am Point of Care Zugang zu Patientenbildern zu haben.

Viele Führungskräfte im Gesundheitswesen haben den Handlungsbedarf erkannt – und es gibt gute Nachrichten für die Umsetzung: Die Fristen des Krankenhauszukunftsgesetz wurden verlängert. Während bisher gesetzlich vorgeschrieben war, dass die geförderten KHZG-Projekte bis Ende 2024 umgesetzt sein müssen, können Kliniken ihre KHZG-Projekte nun auch nach 2024 abschließen, soweit diese bis Ende 2024 beauftragt wurden. Verantwortliche im Krankenhausmanagement können langfristig planen, um den digitalen Wandel und Interoperabilitätsziele erfolgreich umzusetzen. Sie müssen erst Ende 2027 mitteilen, wofür sie die Fördergelder eingesetzt haben. Es ist zu hoffen, dass die Fristverlängerung den nötigen letzten Anstoß zur Modernisierung von Healthcare-IT gibt, denn Qualität der Versorgung sowie Kosten- und Prozesseffizienz sind entscheidend für ein nachhaltig funktionierendes Gesundheitswesen. Interoperabilität ist dabei die „heimliche Heldin“, die von Verantwortlichen nicht länger ignoriert werden kann.

Alexander Ryan
ist Director EMEA Healthcare Business Development bei Hyland.

Bildquelle: Hyland

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