DigitalRadar Krankenhaus Die erste nationale Reifegradmessung
Das Krankenhauszukunftsgesetz (KHGZ) sieht eine Evaluierung des Reifegrades der Krankenhäuser vor. Dem soll mit dem DigitalRadar Krankenhaus Rechnung getragen werden. Nun wurden die ersten Ergebnisse bekanntgegeben.

Immer wieder heißt es, das Gesundheitswesen und damit auch die Krankenhäuser des Landes müssen moderner, müssen digitaler werden. Doch auf welchem Stand befinden sich die Kliniken eigentlich? Genau das wollten die Initiatoren mit dem DigitalRadar Krankenhaus im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausfinden. Insgesamt 1.624 Häuser in öffentlicher (33,7 Prozent), freigemeinnütziger (37,4 Prozent) und privater Trägerschaft (28,9 Prozent) beteiligten sich an der Erhebung. „Kein Land der Welt hat diesbezüglich eine ähnlich umfassende Datenbasis in Hinblick auf den Digitalisierungsgrad seiner Krankenhauslandschaft“, freut sich das zuständige Konsortium.
Die Basis ist gelegt
Abgefragt wurden sieben Dimensionen, die einerseits die wesentlichen Bestandteile des Krankenhauszukunftsfonds abbilden, andererseits klinische, administrative und datenbezogene Prozesse innerhalb der Krankenhäuser berücksichtigen:
- Strukturen und Systeme,
- Resilienz Management & Performance,
- Organisatorische Steuerung und Datenmanagement,
- Klinische Prozesse,
- Informationsaustausch,
- Telehealth und
- Patientenpartizipation.
Die Ergebnisse entsprechen dabei den Erwartungen. Im Bereich „Strukturen und Systeme“ entspricht der Erfüllungsgrad durchschnittlich 55 Prozent. Hard- und Software sowie Netzwerke sind laut Co-Projektleiter Alexander Geissler (Universität St. Gallen) also bereits zum großen Teil vorhanden. „Aber wir sehen auch, wenn wir auf die unteren Dimensionen schauen – ‚Klinische Prozesse’, ‚Informationsaustausch’, ‚Telehealth’, ‚Patientenpartizipation’ –, dass diese Infrastruktur offensichtlich noch nicht für den Datenaustausch geeignet ist oder nicht genügend genutzt wird.“ Dies sei auf die mangelnde Interoperabilität zurückzuführen.
Zudem schnitten öffentliche Krankenhäuser in den meisten Dimensionen besser ab als private. „Das hat auch damit zu tun, dass die öffentlichen Krankenhäuser im Schnitt etwas größer sind. Die meisten Universitätskliniken und auch die meisten Maximalversorger gehören zu den öffentlichen Krankenhäusern“, erklärt Geissler. Nur in den Dimensionen „Patientenpartizipation“ und „Organisatorische Steuerung und Datenmanagement“ haben die privaten Einrichtungen die Nase vorne.
Große Datenmenge, wenig Datenbreite
Darüber hinaus hat der DigitalRadar Krankenhaus noch einige weitere interessante Kennzahlen hervorgebracht. So betragen die Bruttolohnkosten für die IT je Bett pro Jahr im Schnitt 1.385 Euro; die jährlichen IT-Ausgaben belaufen sich auf 2,4 Prozent der Betriebskosten. Dennoch haben 56 Prozent der Krankenhäuser eine Datenübertragungsrate von weniger als 500 Mbit/s. „Jeder der etwas Internet-affin ist und sich mit Datenübertragungsraten auseinandersetzt weiß, dass 500 Mbit/s heute schon in vielen Haushalten verfügbar ist“, so Geissler. Krankenhäuser müssten jedoch Bild-, Video- und Audioinformationen, also große Datenmengen, zwischen den unterschiedlichen Fachabteilungen austauschen. Da seien 500 Mbit/s eine ziemlich geringe Datenbreite. 23 Krankenhäuser verfügen zudem nicht einmal über eine Breitbandverbindung.
Da ist noch Luft nach oben
Diese und weitere Aspekte flossen in den DigitalRadar-Score der Krankenhäuser ein. Die digitale Reife wird dabei mit einem Wert zwischen 0 (nicht digitalisiert) und 100 (voll digitalisiert) angegeben. „Allgemein ist es so, dass mit zunehmender Größe der Digitalisierungsgrad oder der Reifegrad zunimmt“, so Geissler. „Die Maximalversorger haben durchschnittlich 41,1 Punkte, wohingegen die Grundversorger mit weniger als 250 Betten einen Digitalisierungsreifegrad von 30,2 Punkten aufweisen.“ Doch auch zwischen den Bundesländern lassen sich Unterschiede beobachten: „Das schwankt letzten Endes zwischen durchschnittlich 37 Punkten in Berlin und 36 Punkten in Hamburg hin zu 29 Punkten in Bremen und dem Saarland.“ Im Schnitt kamen die Krankenhäuser auf einen Score von 33 – da ist noch reichlich Luft nach oben.
Von der Umfrage zum Gesetz
„Auf Basis der individuellen Ergebnisdashboards, haben die Krankenhäuser nun die Möglichkeit, ihreindividuellen Handlungsbedarfe zu identifizieren und zu priorisieren sowie weitere notwendige Maßnahmen abzuleiten“, erklärt die operative Projektleiterin, Anne Wiesmann. „Das kann zu einer teilweise notwendigen Entzerrung der Umsetzungszeitpläne innerhalb der Digitalisierungsvorhaben führen.“ Doch auch für die Politik spielen die Ergebnisse eine Rolle: „Natürlich kann und möchte das BMG hier Erkenntnisse gewinnen, um zum Beispiel weitere gesetzliche Vorgaben anzustoßen“, erklärt Prof. Dr. Sylvia Thun (BIH – Charité), Co-Projektleiterin des DigitalRadars. Die Ergebnisse könnten beispielsweise in die Digitalisierungsstrategie einfließen.
Den vollständigen Zwischenbericht können Sie hier nachlesen:
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