Generative KI Neue Wege für die Digitalisierung des Gesundheitswesens

Ein Gastbeitrag von Jan Pilhar und Katina Sostmann Lesedauer: 6 min |

Der demographische Wandel sowie der Fachkräftemangel sind im Gesundheitswesen deutlich spürbar – mit negativen Konsequenzen für die Behandlung von Patientinnen und Patienten. Technologische Innovationen wie Generative Künstliche Intelligenz können helfen, die Ärzteschaft zu entlasten – doch es gibt zahlreiche Herausforderungen bei ihrem Einsatz.

Generative KI kann beispielsweise bei der automatischen Erstellung von Pflegeprotokollen, schriftlichen Befunden aus Arztdiagnosen und Entlassungsbriefen unterstützen.
Generative KI kann beispielsweise bei der automatischen Erstellung von Pflegeprotokollen, schriftlichen Befunden aus Arztdiagnosen und Entlassungsbriefen unterstützen.
(Bild: IBM iX)

Der Gesundheitsbereich steht vor einem schwierigen Spagat: Während die immer älter werdende Bevölkerung immer mehr medizinisches Personal auf allen Ebenen erfordert, schlägt auch in Kliniken, Praxen und Pflegeeinrichtungen der Fachkräftemangel voll durch. Gleichzeitig steigt der Kostendruck auf das gesamte System. Auf Dauer heißt das: immer mehr mit immer weniger Ressourcen leisten.

Das kann nur mit einer konsequent vorangetriebenen Digitalisierung des gesamten Sektors gelingen. Eine Schlüsseltechnologie wird dabei Künstliche Intelligenz sein, die bereits in vielen Bereichen zum Einsatz kommt, etwa bei der Auswertung von medizinischen Bildern, wie Röntgenbildern, MRTs und CT-Scans. So lassen sich frühzeitig Anzeichen von Krebs, Alzheimer oder Herzkrankheiten identifizieren – mit Detektionsraten, die über denen des menschlichen Auges liegen und die neueste Studienlage mitberücksichtigen. Auch in der Verwaltung von Krankenhäusern und Praxen spielt KI eine wichtige Rolle, etwa beim Patientenmanagement und der Belegungsplanung.

Seit gut einem Jahr drängt nun eine neue KI-Variante stark in das öffentliche Bewusstsein: die so genannte Generative KI, die eine neue Form der KI-Modellarchitektur bezeichnet und vor allem durch den rasanten Erfolg von ChatGPT, einem per Chatbot ansteuerbaren KI-Modell (GPT) bekannt wurde. Während andere KI- und Machine Learning-Ansätze vor allem Muster erkennen und klassifizieren, kann Generative KI – wie der Name andeutet – eigenständig Inhalte, Lösungen, Prozeduren oder Datenpunkte erzeugen. Hier stehen vor allem die so genannten Large Language Models (LLMs) im Vordergrund, die natürliche Sprache auf einem neuen Niveau verarbeiten können. Damit bekommt die Nutzung, aber auch die Entwicklung von intelligenten Systemen ein neues Interface und demokratisiert deren Anwendung.

Mittels der LLMs lassen sich viele der bisherigen Systemgrenzen, aber auch Kommunikationsbarrieren überwinden: ob es nun die Übersetzung von Fachjargon und einfacher Sprache im zwischenmenschlichen Austausch wie zum Beispiel im Arzt-Patienten-Gespräch oder der Informationsaustausch unterschiedlicher (technischer) Systeme ist – im Gesundheitsbereich sehen wir vielfältige Einsatzmöglichkeiten, die über das hinausgehen, was traditionelle ML-Systeme bieten.

Bessere Patientenversorgung und Therapieentscheidungen

Im Bereich der Versorgung bietet Generative KI zahlreiche Möglichkeiten, die Behandlung von Patienten und Patientinnen zu verbessern. Ein Beispiel ist die Erstellung personalisierter Behandlungspläne. Durch die Analyse von Patientendaten, einschließlich der Krankengeschichten, genetischer und oder biometrischer Informationen sowie der Lebensstilfaktoren, können auf einzelne Patienten zugeschnittene Behandlungsstrategien entwickelt werden. Ein Beispiel ist die Onkologie, in der KI-Systeme genetische Patienteninformationen analysieren, um die Wirksamkeit bestimmter Krebstherapien vorherzusagen. Dies ermöglicht eine maßgeschneiderte Behandlung, die auf die genetische Konstitution des Einzelnen abgestimmt ist, was Überlebensraten verbessert und Nebenwirkungen reduziert. In Zukunft geht das Potential dieser Systeme über die individuelle Anpassung und Verbesserung von bekannten Therapieformen hinaus und kann für die Entwicklung ganz neuer Therapieformen und Medikationen eingesetzt werden.

Auch kann Generative KI medizinisches Personal entlasten, indem automatisch Zusammenfassungen der vorliegenden Gesundheitsdaten erstellt werden, die Ärzten und Ärztinnen ein schnelles und umfassendes Bild vom Gesundheitszustand bieten. Auf Basis des individuellen Gesundheitszustands und bestehender Gesundheitsrisiken können zudem maßgeschneiderte Therapieoptionen abgeleitet werden.

Verbesserte Patientenkommunikation und -begleitung

Ein großes Anwendungsfeld für Generative KI ist die Patientenkommunikation. So können smarte Assistenten und digitale Chatbots auf Basis von Generativer KI Dialoge mit Patienten und Patientinnen auf einem neuen Niveau führen, die weit über die deterministischen Entscheidungsbäume früherer Systeme hinausgehen. Diese Systeme können nicht nur auf spezifische Fragen der Patienten eingehen und selbstständig komplexe Antworten generieren, sondern auf Wunsch auch medizinische Sachverhalte in einer dem Kontext und Wissenstand der Person angepassten Sprache ausgeben. Ob der eigene Befundbericht oder tiefergehende Fragen zu verschiedenen Therapieformen – moderne medizinische Chatbots suchen sich selbstständig Daten aus unterschiedlichen Systemen zusammen und führen diese in konsolidierten Antworten zusammen. Wichtig ist, dass diese Technologien immer unterstützend, begleitend und ergänzend zur medizinischen Betreuung durch das Fachpersonal eingesetzt werden, ohne die zu versorgenden Personen sich selbst zu überlassen.

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