GaiaX und Open Source Krankenhäuser zwischen Investition und Insolvenz

Von Rico Barth* |

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Der „Krankenhaus-Rating-Report 2021“ zeigt, dass sich 13 Prozent der Kliniken im „roten Bereich“ befinden, also in erhöhtem Maße von der Insolvenz bedroht sind. Bis 2030 könnte diese Zahl sogar auf 26 Prozent steigen, so die Prognose. Corona hat die Lage noch verschärft. Doch manche Probleme setzen sich schon über Jahre fort, etwa in der IT. Dazu ein Kommentar von Rico Barth, Geschäftsführer von Cape IT.

Schmale Budgets, Fehlinvestitionen und unzeitgemäße IT machen den Mitarbeitern das Leben schwer
Schmale Budgets, Fehlinvestitionen und unzeitgemäße IT machen den Mitarbeitern das Leben schwer
(© Sasin Tipchai/Pixabay)

Seit Jahren beraten wir neben vielen Klinikverbünden und großen Häusern auch kleinere Kliniken und statten sie mit einem IT-Management-System auf Open-Source-Basis aus. Solche Produkte fordert unter anderem das GaiaX-Programm. Trotzdem ist das für viele Kliniken noch absolutes Neuland.

Unser Einsatzfeld beschränkt sich zwar auf die IT, doch die kommt nun mal überall zum Einsatz. Sei es bei der Planung der Arbeitsabläufe, in der Haustechnik oder bei der technischen Wartung medizinischer Geräte. Bei so einem Projekt sind wir dann in allen Abteilungen unterwegs, tauschen uns mit den Mitarbeitern aus und bekommen einen Einblick in die täglichen Abläufe.

Unsere Erfahrungen decken sich mit den Krankenhaus-Rating-Reports der vergangenen Jahre: Kleine Budgets, Fehlinvestitionen und unzeitgemäße IT machen den Mitarbeitern das Leben schwer. Zu den Autoren des Rating Reports gehören namhafte Ärzte und Wissenschaftler aus dem Gesundheitssektor – ihre Prognosen sind eine wichtige Quelle für Entwicklungstendenzen.

Die Abwärtsspirale

Sollte es nicht zu weitreichenden Optimierungen in den Strukturen und Prozessen der Krankenhäuser kommen, würden bereits 2022 rund drei Viertel aller Kliniken Verluste machen. So könnte es zumindest nach dem Szenario „Neustart“ im aktuellen Report kommen.

Deutsche Kliniken befinden sich schon lange in einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale. Eine der Hauptursachen ist, dass ambulante Therapien vorgezogen werden und die Liegezeiten verkürzt sind. Dies fordern die medizinischen Dienste der Krankenversicherungen. Aber auch der Fachkräftemangel tut sein Übriges.

Wir beobachten große Unterschiede zwischen großen und kleinen Krankenhäusern. Während große Einrichtungen, etwa in Stadtzentren, über die neueste Technik und IT verfügen, sieht es bei kleinen oder kommunalen Kliniken deutlich schlechter aus. Diese müssen genau darauf achten, wie sie mit Investitionen umgehen und nachhaltig planen, was eben nicht immer gelingt.

Leistungsunterschiede und Spezialisierung

Dies deckt sich ja auch mit den Ergebnissen des jüngsten Krankenhaus Rating Reports, wo größere Kliniken in den meisten Fällen ein besseres Rating erhalten. Um die wachsende Kluft zwischen Beitragseinnahmen und Leistungsausgaben abzubremsen, schlagen Experten vor, die Zentralisierung und Spezialisierung des Krankenhaussektors weiter zu beschleunigen.Besonders ländliche Regionen könnten davon profitieren.

Eine der wichtigsten Forderungen ist eine beschleunigte Digitalisierung.„Sektorenübergreifende Versorgung und Digitalisierung sind wichtige Bausteine, um die Situation von Kliniken und Patienten zu verbessern“ sagt Professor Boris Augurzky, einer der Autoren des Reports. Und sein Kollege Sebastian Krolop ergänzt: „Voraussetzung für alle digitalen Anbindungen ist jedoch eine Standardisierung der Daten und Schnittstellen. Doch davon sind viele Einrichtungen noch weit entfernt.“

Ein Grund dafür sei, dass kleine Krankenhäuser ihr IT-Budget in nicht mehr zeitgemäße Systeme investierten oder Flickwerk reparietren. Gerade wenn das Geld knapp ist, sollten sich die Verantwortlichen mit den Anforderungen befassen und sich intensiv von Fachleuten beraten lassen, fordern die Experten. Schließlich müsse jedes neue medizinische Gerät in das System integriert und gewartet werden.

Nachlassigkeit wird in Kauf genommen

Dass das oft nicht passiert, erleben wir immer wieder. Werden wir zu so einem Anliegen gerufen, finden wir häufig veraltete Software oder überflüssige Programme vor. Die müssen natürlich weiterhin aktuell gehalten werden, was nur Zeit und weiteres Geld kostet. Der Anspruch sollte immer sein, auch kleineren Krankenhäusern die Möglichkeiten zu bieten, die woanders zum Standard gehören.

Auch in kleineren Häusern mit überschaubarem Budget, muss die Technik und IT jederzeit reibungslos funktionieren, denn allein vom Patienteninformationssystem können lebenswichtige Entscheidungen abhängen. Und diese Kliniken könnten mit wenigen Schritten viel bewirken.

In den meisten Fällen entscheiden sich die Verantwortlichen zu Beginn für uns, weil es ein kostenfreies System ist. Das sorgt zunächst für mehr Überblick und Struktur der IT-Teams.Die Kunden können damit sehen, wo viel Arbeit anfällt oder es zu häufigen Störungen kommt. Die vielfältigen Aufgaben von Krankenhaus-IT-Teams lassen sich so effizienter planen und besser priorisieren.Zu einem Projekt gehören Beratungsgespräche über mehrere Tage. Zudem können sich nicht nur die IT-Verantwortlichen mit dem System vertraut machen, sondern auch die Anwender wie Schwestern, Pfleger und Assistenten.

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Ausprobieren und anpassen

Nach der Übergabe kann das IT-Team das System dann je nach Bedarf anpassen. Zu den ersten Maßnahmen gehören meist Inventarverwaltung und Störungsmeldungen, was bereits eine enorme Hilfe für das Personal vor Ort darstellt. Wenn die Verantwortlichen weitere Funktionen, wie eine automatische Inventarisierung, Geräte-Management oder ein Wartungsplan für IT-Geräte, einbauen möchten, können Sie auch eine Pro-Version wählen. Damit lässt sich zum Beispiel auch die Medizin-und Haustechnik in das System integrieren.

Spätestens bei den regelmäßig anstehenden Zertifizierungen und Wirtschaftsprüfungen ist so ein IT-Management-System dann eine entscheidende Hilfe. Sämtliche Störungen, Wartungen, Änderungen oder Updates werden darin dokumentiert und sind auf Knopfdruck verfügbar. Das führt zu einem geringeren Personalaufwand, spart Zeit und am Ende bares Geld.

Gerade im Klinikbereich müssen alle Abteilungen jederzeit und unabhängig voneinander einsatzbereit sein. Sollte es beispielsweise zu einem Hackerangriff kommen, wie wir sie in den letzten Jahren wiederholt erlebt haben, wird dann nicht die komplette Einrichtung lahmgelegt. So die Theorie.

Wo bleibt die Strategie?

Dafür müssen aber nicht alle Abteilungen zwangsläufig mit komplett unterschiedlichen Systemen arbeiten. Mein Ratschlag an die Kunden lautet deshalb immer, sich auf einen oder möglichst wenige Hersteller zu beschränken. Ein solch standardisiertes Vorgehen hilft auch, Kosten zu sparen, bedarf aber eben einer professionellen IT-Strategie.

Um den IT-Bereich der Krankenhäuser zukunftsfähig und sicher zu gestalten, setzen wir mit unserem IT-Management-System „KIX“ auf Open Source. Damit können alle Nutzer den offenen Quellcode einsehen und schnell Schwachstellen oder Sicherheitslücken identifizieren und beheben.Sicherheits-Updates und individuelle Einstellungen lassen sich deutlich schneller integrieren, als es mit Insellösungen je möglich wäre.

Rico Barth, Geschäftsführer von Cape IT, hat regelmäßig mit den Schwachstellen der Krankenhaus-IT zu tun hat. Der Beginn, diese zu beseitigen sei jedoch gar nicht so schwer, sagt er.
Rico Barth, Geschäftsführer von Cape IT, hat regelmäßig mit den Schwachstellen der Krankenhaus-IT zu tun hat. Der Beginn, diese zu beseitigen sei jedoch gar nicht so schwer, sagt er.
(Bild: Cape IT)

Dieses Vorgehen wird auch vom europäischen GaiaX-Projekt gefordert, für das in Deutschland das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie verantwortlich ist. Ziel dabei ist es, in Europa eine sichere und offene Dateninfrastruktur zu schaffen. Wenn wir in Deutschland und Europa wettbewerbsfähig bleiben wollen, führt kein Weg an Open Source-gestützten Systemen vorbei. Das zeigt der Vergleich zu den USA oder Asien.

Mit GaiaX ist der erste Schritt getan, um die IT in Krankenhäusern, aber auch im gesamten Wirtschaftssektor, mit Open Source zu stärken. Es liegt nun an den Verantwortlichen, dies auch umzusetzen.

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei datacenter-insider.de

* Rico Barth ist Geschäftsführer von Cape IT.

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