Digitaler FortschrittsHub Gesundheit Bessere Nachsorge – Zwischenbilanz beim Projekt DISTANCE

Von Nicola Hauptmann Lesedauer: 3 min

Nach intensivmedizinischer Versorgung leiden Patienten häufig an Einschränkungen wie Muskel- oder Gedächtnisschwäche. Um die Nachsorge zu verbessern, wollen die Projektpartner im Digitalen FortschrittsHub DISTANCE einen sektorübergreifenden Datenaustausch zwischen Universitätsmedizin und regionalen Versorgern ermöglichen – was bis jetzt erreicht wurde und welche Rolle eine neue Patienten-App dabei spielt.

Digitale Nachsorge im Projekt DISTANCE: Mit Hilfe der PICOS App kann des Befinden der  Patienten ab der Intensivstation, vor allem aber während der physikalischen Reaktivierung und der Erholung zuhause dokumentiert werden
Digitale Nachsorge im Projekt DISTANCE: Mit Hilfe der PICOS App kann des Befinden der Patienten ab der Intensivstation, vor allem aber während der physikalischen Reaktivierung und der Erholung zuhause dokumentiert werden
(© Uniklinik RWTH Aachen)

Seit zwei Jahren arbeiten die Projektpartner des Digitalen FortschrittsHub DISTANCE daran, die Patientenversorgung nach einer intensivmedizinischen Behandlung zu verbessern – Zeit für eine Zwischenbilanz.

DISTANCE – die Abkürzung steht für „Digital Smart Hub for Advanced Connected Care“ – setzt auf bestehenden Strukturen der Medizininformatik-Initiative (MII) auf, um Patientendaten aus der universitären Routineversorgung auch in der regionalen Versorgung nutzbar zu machen. Mit dem Hub soll der sektorenübergreifende, interoperable Datenaustausch zwischen Universitätskliniken, Allgemeinkrankenhäusern und niedergelassenen Ärzten ermöglicht werden. Umgesetzt wird das an einem konkreten Anwendungsfall, dem PICS-Syndrom: Nach einer intensivmedizinischen Behandlung erleiden Patient:innen häufig physische, psychische und kognitive Einschränkungen wie Muskelschwäche, Gedächtnis- und Angststörungen. Diese Symptome, die über Wochen und Monate anhalten können, werden unter dem sogenannten „post-intensive care syndrom“ (PICS) zusammengefasst. „Neben deutlichen Einbußen in der Lebensqualität sind oftmals eine stationäre Langzeitbehandlung und eine ambulante Nachsorge erforderlich. An dieser Stelle möchten wir mit DISTANCE helfen, die Versorgung zu verbessern“, erklärt Projekt-Verbundleiter Prof. Dr. Gernot Marx, Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care an der Uniklinik RWTH Aachen.

Wie sich Patienten einbringen: die PICOS App

Das Besondere am DISTANCE-Projekt ist, dass nicht nur Versorgungsdaten genutzt werden, sondern über eine eigens entwickelte App auch die Patienten selbst mit eingebunden sind. Mit Hilfe dieser PICOS-App (Post Intensive Care Outcome Surveillance) dokumentieren Betroffene ihren psychischen und physischen Gesundheitsstatus. Das ist einerseits Teil der ambulanten Nachsorge, um PICS vorzubeugen und zu behandeln. Die Daten können zudem auch in anonymisierter Form für die Forschung verfügbar gemacht werden. „Durch den Einsatz von KI ist es uns zusätzlich möglich, Prädiktoren für Verschlechterungen zu identifizieren, um künftig klinische Prozesse und Behandlungen zu optimieren", erläutert Gernot Marx. Letztlich sollen so auch erneute Krankenhauseinweisungen vemieden werden.

Wie weit ist die Entwicklung der App? Zunächst wurden in einer Vorstudie ab September 2022 Bedürfnisse und Erwartungen von Patienten in vier Kliniken aus Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen erhoben. Erste Rückmeldungen seien durchweg positiv, berichtet Dr. Denise Molinnus von der Uniklinik RWTH Aachen, Administrative Leiterin des Projekts DISTANCE: „Die Patient:innen sehen die App als wertvolles Selbstmanagement-Instrument und zeigen durchaus Interesse, sich in die eigene Gesundheitsversorgung einzubringen.“ Während die Ergebnisse der Vorstudie mit rund 130 Befragten für die Veröffentlichung aufbereitet werden, läuft bereits die Pilotphase. Die PICOS-App steht auf den bekannten App-Stores auch zum Download bereit.

Erstes Krankenhaus angebunden

Aus technischer Sicht soll im Rahmen des Projekts das Rollout des MII-Konzepts auf regionale Krankenhäuser und Ärztenetze erprobt werden. Konkret sind an DISTANCE neun regionale Allgemeinkrankenhäuser und zwei Arztnetze beteiligt. Laut dem Zwischenbericht wurde als erstes Krankenhaus das Florence-Nightingale-Krankenhaus in Düsseldorf an die Infrastruktur angeschlossen und es konnten auch erste Testdaten übermittelt werden. Die anderen Projektpartner sollen sukzessive folgen.

DISTANCE demonstriert erfolgreich die Machbarkeit des interoperablen Datenaustauschs und der Vernetzung zwischen Universitätsmedizin, regionaler und niedergelassener Versorgung bis hin zu den Patienten

Prof. Dr. med. Gernot Marx, FRCA, Verbundleiter DISTANCE, Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care an der Uniklinik RWTH Aachen und Vorstandsvorsitzender der DGTelemed

Digitale FortschrittsHubs Gesundheit

DISTANCE ist einer von sechs Digitalen FortschrittsHubs, die im Rahmen der MII von 2021 bis 2025 mit insgesamt 50 Millionen Euro vom BMBF gefördert werden. In den Hubs sollen modellhafte Lösungen entwickelt werden, wie mit Hilfe digitaler Innovationen aus den Unikliniken auch die regionale Gesundheitsversorgung verbessert und umgekehrt auch Daten aus der regionalen Versorgung für die Gesundheitsforschung genutzt werden können. Ausgehend von einem Datenintegrationszentrum einer Uniklinik sollen regionale Partner wie Krankenhäuser, Arztpraxen, Rehazentren und Pflegeeinrichtungen vernetzt werden, dazu kommen Forschungseinrichtungen und Krankenkassen. Alle Projektpartner sollen Daten teilen und nutzen können.

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