Zwei fast fertig, über 200 weitere in Entwicklung: Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 sollen das Blatt in der Bekämpfung der Pandemie wenden. Eine Datenbank-Analyse von Ernst und Young fasst die Impfstoffkandidaten und potenziellen Therapeutika zusammen.
Noch gibt es keinen zugelassenen Impfstoff in der EU. Doch zwei Kandidaten haben ihren Antrag bereits zur Prüfung durch die European Medicines Agency (EMA) in Amsterdam eingereicht (Symblbild).
Stuttgart – Die Suche nach einem Impfstoff gegen Covid-19 hat die Pharmabranche innerhalb kürzester Zeit zu Höchstleistungen angetrieben: Bis zum 1. Dezember 2020 gibt es weltweit 237 Impfstoff-Kandidaten; und 446 potenzielle Wirkstoffe befinden sich in der klinischen Forschung. Damit kamen in den zurückliegenden sechs Monaten 76 weitere Impfstoffe in der Entwicklung hinzu – eine Zunahme um 47 Prozent. Die Zahl der in Entwicklung befindlichen Wirkstoffe hat sich seitdem sogar um 84 Prozent erhöht.
Das sind Ergebnisse einer Analyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst und Young (EY). Dabei wurden Covid-19-Lösungen in den Bereichen Impfstoffe, Wirkstoffe und Diagnostika berücksichtigt und aktuelle Datenbanken weltweit zur Impf- und Wirkstofferfassung ausgewertet.
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Impfstoffzulassung im Eilverfahren
Die Aussicht auf noch dieses Jahr verfügbare Impfstoffe erregt momentan große Aufmerksamkeit. Derzeit befinden sich die zwei Impfstoffkandidaten der Unternehmen Biontech und Moderna im Zulassungsprozess; acht weitere in der finalen klinischen Phase, nach der eine Zulassung möglich wäre. Großbritannien hat dem Biontech-Impfstoff sogar schon eine Notfallzulassung erteilt. Daneben gibt es bereits sechs weitere Impfstoffkandidaten, die eine limitierte Zulassung auf dem Markt haben – darunter das russische Mittel Sputnik V.
„Wir haben in den vergangenen Monaten ein Tempo bei der Entwicklung von Impf- und Wirkstoffen gesehen, wie wir es vor der Corona-Pandemie nicht gekannt haben“, sagt Alexander Nuyken von EY. „Die Unternehmen haben Mittel in großem Stil aus anderen Bereichen in die Covid-19-Forschung umgeschichtet und die Behörden haben die Zulassungsverfahren extrem beschleunigt.“
Anders wäre ein Impfstoff wohl noch in weiter Ferne, denn im Durchschnitt dauert eine Impfstoffentwicklung von der Wirkstoffsuche bis zur Zulassung 13 bis 14 Jahre. Das Risiko liege hier aber nicht bei den Patienten, sondern bei den Pharmaunternehmen, heißt es auf den Seiten der Bundesregierung: Weil einzelne Unternehmen ihre Verfahren beschleunigt haben und bereits Impfstoffe für eine möglichst schnelle Verbreitung vorproduzieren, könnte es ihnen passieren, „dass der entsprechende Impfstoff in der Erprobung scheitert und nach der unabhängigen Prüfung der Behörden nicht zugelassen wird.“
Die Phasen der Impfstoffentwicklung
Eine typische Impfstoffentwicklung setzt sich aus einer präklinischen Phase und drei klinischen Phasen zusammen:
Präklinisch: erste Tierversuche auf Verträglichkeit und Wirksamkeit
Phase I: 10-30 Freiwillige; Test auf Verträglichkeit
Phase II: 50 - 500 Freiwillige; Test auf richtige Dosierung, Immunantwort, Verträglichkeit
Phase III: 10.000 - 60.000 Freiwillige; Test auf Zuverlässigkeit des Schutzes, Verträglichkeit
Zulassungsverfahren in der EU: Prüfung des Antrags für die EU bei der European Medicines Agency (EMA) in Amsterdam.
Typische Entwicklungsdauer eines Impfstoffes: 8 bis 17 Jahre
(Bild: LABORPRAXIS)
Durch teilweise parallel laufende klinische Studien, beschleunigte Genehmigungsverfahren und Zurückgreifen auf bereits bekannte Impfsysteme, wird der erste Corona-Impfstoff voraussichtlich nach nur einem Jahr seine EU-Zulassung erhalten.
Neben den vielen Impfstoffen sind auch bei den Wirkstoffen zur Behandlung einer Covid-19-Erkrankung zahlreiche Unternehmen der Marktreife sehr nahe: 350 Medikamente werden derzeit bereits an Menschen getestet – haben sich also als hinreichend sicher erwiesen und damit eine wichtige Hürde vor der Zulassung hinter sich gelassen. Die entscheidende Hürde, nämlich der Nachweis der Wirksamkeit, steht dort allerdings noch aus.
Bei insgesamt 48 Therapeutika läuft indes sogar schon eine Phase-IV-Studie. Diese Wirkstoffe haben eine (Teil)Zulassung erhalten – meist als Umwidmung aus einer anderen Indikation, wie es bei Remdesivir der Fall war. Sie sind aber weiterhin unter Beobachtung, um ihre Wirkung, vor allem aber mögliche „sehr selten“ auftretende Nebenwirkungen zu untersuchen.
Impfen wird Geduld erfordern
Die aussichtsreichen Tests deutscher Unternehmen seien ein positives Signal für den hiesigen Standort, meint Nuyken: „Die Biotech-Branche hat hierzulande eher ein Nischendasein geführt. Jetzt stehen die Unternehmen plötzlich im Rampenlicht – und liefern. Sollte am Ende tatsächlich ein marktfähiger Impfstoff dabei herauskommen, stärkt das auch den Biotech-Standort Deutschland.“
Bevor aber genügend Impfstoff für alle zur Verfügung stehe, gebe es noch ein paar Herausforderungen. „Noch hat kein Mittel die endgültige und länderübergreifende Zulassung bekommen. Rückschläge sind also jederzeit möglich“, sagt Nuyken. „Und selbst wenn ein Impfstoff freigegeben wird, gilt es noch erhebliche produktionstechnische und logistische Hürden zu überwinden – immerhin reden wir hier weltweit von Hunderten Millionen Dosen, die produziert und verteilt werden müssen. Es wird also selbst im günstigsten Fall noch bis weit in das Jahr 2021 dauern, bis sich wirklich jeder impfen lassen kann.“
Stand vom 30.10.2020
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Corona-Tests als lukrativer Markt
Neben den Impf- und Wirkstoffen gibt es eine große Anzahl an Tests auf den Covid-19-Erreger. 859 Tests befinden sich bereits auf dem Markt, weitere knapp 100 werden derzeit entwickelt. „Test sind deutlich einfacher zu entwickeln als Impfstoffe und Therapeutika und müssen auch nicht die gleichen strengen Richtlinien erfüllen“, erklärt Alexander Nuyken von Ernst und Young. „Daher hat sich schon früh ein großer Markt entwickelt, auf dem sich gerade am Anfang auch viele schwarze Schafe tummelten. Inzwischen haben die Abnehmer – vor allem Regierungen – aber hinreichende Erfahrung mit funktionierenden Tests gesammelt, sodass sich die Spreu vom Weizen trennt.“