Eckpunktepapier Krankenhausreform: Qualität vor Quantität

Von Susanne Ehneß Lesedauer: 3 min

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Bund und (fast alle) Länder haben sich auf Eckpunkte für die Krankenhausreform geeinigt. Das entsprechende Gesetz soll zum 1. Januar 2024 in Kraft treten.

Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach ist „sehr zufrieden mit den Ergebnissen“
Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach ist „sehr zufrieden mit den Ergebnissen“
(© Karl Lauterbach)

„Ich bin sehr dankbar, dass wir uns auf detaillierte Eckpunkte einigen konnten“, sagte Dr. Karl Lauterbach am gestrigen Montag. Nach zähen Verhandlungen einigte sich der Bundesgesundheitsminister mit den Gesundheitsministern der Länder und den Fraktionen der Koalition auf ein gemeinsames Eckpunktepapier zur Krankenhausreform, das nun als Grundlage für den Gesetzentwurf dient. „Mit dieser Einigung ist zu erwarten, dass das Gesetz am 1. Januar in Kraft treten kann“, zeigt sich Lauterbach optimistisch. Von den 16 Bundesländern stimmten 14 für die Eckpunkte –Bayern stimmte dagegen, Schleswig-Holstein enthielt sich.

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Kernpunkt des Papiers ist der Wegfall der Fallpauschalen. Stattdessen soll es „Vorhaltepauschalen“ geben. Lauterbach erklärt: „Die Kliniken erhalten so Geld dafür, dass sie bestimmte Leistungen anbieten – selbst dann, wenn sie sie nicht immer erbringen. Das nimmt den ökonomischen Druck von den Klinken, erlaubt eine Entbürokratisierung und sorgt für mehr Sicherheit und Qualität bei der medizinischen Versorgung von Patienten.“ Dies sei „eine Revolution“. Lauterbach betont, dass nur jene Kliniken, die die Qualitätskriterien für bestimmte Leistungen erfüllen, die Vorhaltepauschalen erhalten. Zudem sei die Vorhaltepauschale eine Existenzgarantie für kleine Kliniken, da diese vergleichsweise wenig Behandlungen durchführen.

Und auch für Patienten sollen die neuen Pauschalen Vorteile bieten. „Die Patienten können sich darauf verlassen, dass die angebotenen Krankenhausbehandlungen auch immer nötig sind und vom Krankenhaus mit der entsprechenden Qualität durchgeführt werden können“, versichert Lauterbach.

Stimmen

Als „enttäuschend“ bezeichnet Dr. Gerald Gaß, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) die beschlossenen Eckpunkte. „Aus der großen Krankenhausreform, die vollmundig als Revolution angekündigt wurde, wurde nun ein Eckpunktepapier voller Absichtserklärungen und Prüfaufträge“, sagt Gaß. Es sei zwar gut, dass man sich geeinigt habe, denn „wir brauchen diese Reform dringend“. Positiv sei auch, dass es nun doch keinen radikalen Totalumbau gebe, sondern sich auf das Modell aus Nordrhein-Westfalen geeinigt wurde. Doch das wiege die negativen Auswirkungen für die nähere Zukunft nicht auf. Für einen geordneten Transformationsprozess sei es dringend erforderlich, klarzustellen, welche Mittel für den Umbau der Krankenhauslandschaft bereitgestellt würden. „Dort wo Krankenhausstandorte geschlossen werden sollen, müssen an anderen Stellen Krankenhäuser erweitert oder neu gebaut werden. Diese fehlende Planungssicherheit ist auch für die Menschen in der Region, gerade in den ländlichen Gebieten hoch problematisch“, betont Gaß.

Auch beim Thema Entbürokratisierung gilt: Keine einzige konkrete Maßnahme, nur Absichtserklärungen

Dr. Gerald Gaß

Bei der Techniker Krankenkasse (TK) freut man sich über „einen inhaltlich tragfähigen Kompromiss“. TK-Vorstandsvorsitzender Dr. Jens Baas sagt: „Die heutige Einigung auf die Eckpunkte ist ein großer Schritt für mehr Qualität in der Krankenhausversorgung. Die beschlossenen bundesweit einheitlichen Leistungsgruppen ermöglichen wesentlich präzisere Qualitätsvorgaben als sie bisher möglich waren.“ Auch die verlässlichen Qualitätsprüfungen seien ein wichtiger Schritt für eine bessere stationäre Versorgung. Nun komme es auf die Umsetzung an.

Die neu eingeführten Vorhaltekosten werden den Mengendruck auf die Kliniken reduzieren. Das ist absolut im Interesse aller Beteiligten

Dr. Jens Baas, TK-Vorsitzender

Aus Bayern kommt deutliche Kritik. Gesundheitsminister Klaus Holetschek, der als einziger gegen den Beschluss gestimmt hat, bezeichnet die Eckpunkte als „unzureichend“. „Eine Krankenhausreform ist sehr wichtig – deshalb hat sich Bayern intensiv für eine sinnvolle Lösung eingesetzt, die alle mittragen können. Aber der Bund war in zentralen Punkten nicht zum Einlenken bereit“, erklärt Holetschek. „Natürlich geht es auch Bayern um die Qualität der Versorgung und die Weiterentwicklung dieser Qualität. Kern des Ganzen ist aber auch eine flächendeckende Versorgungssicherheit. Völlig unklar ist meines Erachtens weiterhin, welche Qualitätsvoraussetzungen die Bundesregierung bei den Leistungsgruppen ansetzen will.“ Er sei enttäuscht über die „falsche Qualitätsdebatte, die Herr Lauterbach in den vergangenen Wochen aufgemacht hat“. Ein kurzer Weg ins nächste Krankenhaus sei auch ein wichtiges Qualitätsmerkmal. „Ich denke da zum Beispiel an unser ausgezeichnetes und deutschlandweit beispielloses Schlaganfallnetzwerk in Bayern. Dieses Netzwerk rettet Leben. Und das Netzwerk lebt von den Normal- und Regelversorgern“, so Holetschek. Der Minister betont: „Jetzt erwarte ich, dass der Bund sich auf seine Finanzierungsverantwortung besinnt und ein kaltes Kliniksterben verhindert. Die Finanzierung der Betriebskosten reicht schon jetzt absehbar für 2024 nicht. Da muss der Bund nachlegen, und GMK-Beschlüsse mit 16:0 dazu sprechen eine klare Sprache.“

Die bayerische Gegenstimme ist keine Verweigerungshaltung, sondern ein Ausdruck eines demokratischen Widerspruchs, dass wir in der Sache noch nicht übereinstimmen

Klaus Holetschek, bayerischer Gesundheitsminister

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