Additive Fertigung Medtech-Projekte in 3D
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Das Thema 3D-Druck und seine Vorteile wurden zu Beginn der Corona-Pandemie einmal mehr ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Denn auch für Projekte in der Medizintechnik ist der 3D-Druck attraktiv. Doch wie einfach ist der Einstieg? Ein Überblick.

Additive Fertigung oder 3D-Druck? Immer häufiger werden diese beiden Begriffe als Synonyme benutzt. Aber was bedeuten sie für sich genommen? Additive Fertigung bedeutet „aufbauende Herstellungsweise“. Über viele Jahre wurde sie auch als generative Fertigung bezeichnet. 3D-Druck ist ein innovatives Verfahren zur generativen Herstellung beliebig geformter Produkte und zählt zu den additiven Fertigungsmethoden, bei denen für die Formgebung keine Werkzeuge verwendet werden.
Additive Fertigung steht mittlerweile nicht mehr nur für Prototypenbau oder Bastelarbeiten, sondern gestaltet die Fabrik der Zukunft maßgeblich mit. Getrieben durch ihre Möglichkeiten wie individualisierbare Produkte, dezentrale Fertigung, On-demand-Ersatzteilversorgung sowie durch die Reifung und Bekanntheit der unterschiedlichen Technologien als Ganzes, erschließt sich der industrielle 3D-Druck neue Handlungsfelder und baut seine Vorteile in verschiedenen Einsatzgebieten aus. „Durch die zunehmende Bekanntheit von Anwendungen und Technologien steigt auch bei Unternehmen, die die additive Fertigung bisher nicht kennen oder nicht einsetzen, die Akzeptanz“, weiß Joscha Riemann, Produkt-Manager bei Mission Additive, einer Medienmarke der Vogel Communications Group. „Das bekomme ich in meinem Arbeitsalltag hautnah mit. Mission Additive ist das B2B-Portal für industriellen 3D-Druck für die DACH-Region. In einem branchenübergreifenden, disruptiven und innovativen Markt geben wir Entscheidern und Anwendern Orientierung, liefern über Branchengrenzen hinweg Einblicke in Strategien und Geschäftsmodelle und beleuchten Technologien sowie Best Practices: Unser Ziel ist es, das Thema additive Fertigung mit einem 360°-Blick zu erfassen.“
Schnelle 3D-gedruckte Hilfe in Corona-Zeiten
Der Begriff 3D-Druck ist auch abseits der Industrie schon lange in aller Munde. Und das Thema 3D-Druck und seine Vorteile wurden zu Beginn der Corona-Pandemie einmal mehr ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Der Schwerpunkt lag unter anderem auf 3D-Drucktechniken, um zügig Versorgungslücken zu schließen. Sie existierten vor allem bei Nasenabstrichtupfern, Komponenten von Beatmungsgeräten sowie der persönlichen Schutzausrüstung. Aktuell verbessert die additive Fertigung zudem die Versorgung mit wichtigen Produkten wie Gesichtsschilden, Ventilen, Filtern, Drucksensoren oder Röntgenröhren. Die Anwendungsfälle reichen von der allgemeinen Pflege bis hin zu hochpräzisen und personalisierten Geräten. Hilfsangebote aus der 3D-Druck-Branche gibt es während der Corona-Pandemie unzählige. Diese reichen von Anleitungen und Daten für Mundschutze, Schutzmasken und sonstiges Zubehör über Netzwerke und Initiativen bis hin zu Dienstleistungen. „Besonders in der ersten Welle der Corona-Krise hat die additive Fertigung schon gezeigt, dass sie bereit ist, aus ihrer Nische in den breiten Markt zu expandieren“, so 3D-Druck-Experte Riemann. „Diese Aufmerksamkeit führt aktuell dazu, dass Unternehmen, insbesondere wenn es darum geht, ihre Lieferketten flexibler und unabhängiger aufzustellen, sich mit industriellem 3D-Druck und seinen Potenzialen auseinandersetzen.“
So spielen die Vorteile der additiven Fertigung, die sich während der Corona-Pandemie bewährten, auch für die Medizin eine große Rolle: Fertigungsfreiheit, das Ende vom Einheitsprodukt durch eine mögliche Individualisierung, die Reduzierung der Kosten sowie schnellere Prozesse.
Das Unternehmen Kumovis, an der Technischen Universität München von fünf Alumni aus Bereichen von Medizin- bis Kunststofftechnik ins Leben gerufen, weiß, worauf es in der Medizintechnik-Branche ankommt. Seit Gründung des Unternehmens im Jahr 2017 konzentriert sich das Team auf den 3D-Druck medizinischer Geräte mit Hochleistungs- und resorbierbaren Polymeren. Zwei Jahre später, im Jahr 2019, brachte Kumovis den 3D-Drucker R1 auf den Markt – und mit ihm ein System zur dezentralen Reinraumproduktion für die Medizintechnik.
Doch worauf kommt es für Hersteller an? „Wer ein 3D-Druck-Projekt starten will, sollte auf die Gegenfrage nach dem ‚Warum?‘ vorbereitet sein. Additive Fertigung ist modern und medial gut einsetzbar, aber welches Problem will man damit lösen? Die Antworten hierauf können vielfältig sein“, weiß Martin Herzmann, Business Development Manager bei Kumovis. Das Unternehmen kann Medizinprodukteherstellern je nach Applikation helfen, die Herstellungskosten im Vergleich zu konventionellen Fertigungstechniken zu reduzieren oder etwa individuelle Schädel-Implantate mit Geometrien herzustellen, die weder im Fräsen noch im Spritzguss wirtschaftlich möglich sind. „Wir bekommen immer mehr Anfragen von Medizintechnik-Firmen, die bereits 3D-Druck-Erfahrung mit Metall haben. Hier gilt: Wer Metall kennt, wird Kunststoff bevorzugen. Industrieller 3D-Druck mit Filamenten ist sicher der günstigste Einstieg in die additive Fertigung, und das Portfolio an Hochleistungskunststoffen wächst stetig. Mit Kumovis-Technologien lassen sich bereits heute mehr als acht medizinisch geeignete Kunststoffe verarbeiten“, ergänzt Herzmann.
Regulierter Medizintechnik-Markt darf nicht unterschätzt werden
Der Einstieg in die additive Fertigung sollte von einem Medizinproduktehersteller allerdings nicht allzu blauäugig angegangen werden. „Die bloße Investition in einen 3D-Drucker ist meist nicht die Lösung – das Geschäftsmodell dahinter muss stimmen. Viele installierte 3D-Drucker sind heute nicht ausgelastet und stehen zeitweise still. Das ist nicht wirtschaftlich“, so Herzmann. Kumovis arbeitet daher mit den Medizintechnik-Firmen partnerschaftlich zusammen und beschränkt sich nicht auf den Verkauf von Hardware.
Doch wie genau kann eine solche Unterstützung aussehen? Das Münchner Unternehmen schaut sich gemeinsam mit dem Medizinproduktehersteller an, welches bestehende oder neue Produkt sowohl technisch als auch wirtschaftlich mit beispielsweise PEEK, PPSU oder PEKK gefertigt werden kann. „Anschließend stellen wir die Kosten gegenüber und arbeiten gemeinsam ein Modell aus, das nicht nur beiden Unternehmen Vorteile bietet, sondern vor allem auch den Patientinnen und Patienten.“
Ein Beispiel: 3D-Druck mit Kunststoff-Filamenten ist im Vergleich zu anderen additiven Verfahren sehr gut aufgestellt: Kumovis ermöglicht Medizinprodukteherstellern beispielsweise, Schädelplatten aufrechtstehend additiv zu fertigen und damit die Notwendigkeit von Stützstrukturen zu minimieren – also Abfall zu vermeiden. Zudem lässt sich so massiv Zeit in der Nachbearbeitung einsparen. Es wird nur so viel Material verbraucht wie für das Bauteil und dessen 3D-Druck nötig. Verglichen mit pulverbasierten 3D-Druckern, die die komplette Bauplattform mit Material füllen, das im besten Fall recycelt werden kann, ist ein Filament-Drucker sehr ressourceneffizient. Wenn es um die Herstellung der zuvor genannten individuellen Kranialplatten mit Frästechnik geht, sparen Unternehmen sogar bis zu 95 Prozent Material: Eine mit Kumovis-Technologie 3D-gedruckte Kranialplatte aus PEEK wiegt etwa 30 Gramm. Der Block, aus dem sich diese Geometrie fräsen ließe, kann 300 Gramm, also das Zehnfache, an Material in Anspruch nehmen. Das hängt von der jeweiligen Form ab. Spanende Verfahren sind etabliert, aber nicht ressourceneffizient.
Um noch einmal auf den eingangs erwähnten Einsatz des 3D-Drucks zu Beginn der Corona-Pandemie zurückzukommen: Wie sehr hat der 3D-Druck wirklich von der Pandemie „profitiert“? „Medial hat der einfache 3D-Druck in meiner Wahrnehmung von der Pandemie profitiert. Hat er aber wirklich eine tragende Rolle in der Bekämpfung der Pandemie gespielt? Schutzmasken aus dem 3D-Drucker sind im Vergleich zu konventionell gefertigten sicher keine sinnvolle Alternative. Da schließt sich der Kreis zur Ressourceneffizienz“, meint Herzmann. Mit 3D-Druck ließen sich schnell und lokal Engpässe überbrücken. Auch Kumovis hat nachbarschaftlich ausgeholfen und gedruckt. Der Experte ergänzt: „Es ist aber essentiell, dass die bestehenden Regularien und Qualitätsstandards in der Medizintechnik aufrechterhalten bleiben – auch in Krisenzeiten. Ein Kunststoff, der für medizinische Zwecke verwendet wird, muss biokompatibel sein, entsprechend aufwändige Tests durchlaufen. Die Resultate müssen dokumentiert sein. Ich persönlich sehe es kritisch, wenn zahllose 3D-Druck-Nutzer Engagement zeigen, ohne je etwas von Medizinproduktegesetz oder MDR gehört zu haben. Die Chance der additiven Fertigung liegt in der Reaktionsgeschwindigkeit. Trotzdem darf die damit verbundene Verantwortung in einem regulierten Markt wie der Medizintechnik nicht unterschätzt werden.“ Kumovis konzentriert sich auf Medizinprodukte der Risikoklasse IIa, IIb und III. In diesem Bereich hat sich das Unternehmen positioniert und fertigt Implantate, Instrumente und Schablonen mit direktem Patientenkontakt. Corona hatte bisher auf die klar definierte Nische im Medizintechnik-Markt nur geringen Einfluss – „und dafür sind wir dankbar“.
Medizintechnik bietet attraktive Marktchance für additive Fertiger
Durch die Corona-Pandemie sind viele Branchen unter Druck geraten und somit auch die additiven Fertiger, die in diesen Branchen aktiv sind. „Die Medizintechnik hat die Krise bisher verhältnismäßig unbeschadet überstanden. Zudem sind die AM-Anwendungen insbesondere im Orthesen- und Prothesenbereich sowie in der Dental- und Hörgerätetechnik mit am weitesten ausgereift, da hier ein hoher Bedarf an Individualität mit einer gleichzeitig geringen Preissensitivität einhergeht“, so Riemann. „Die Medizintechnik bietet daher für additive Fertiger eine attraktive Marktchance. Unter dem Schlagwort individualisierte Medizin bietet der 3D-Druck natürlich auch für Unternehmen aus der Medizintechnik selbst ein spannendes Zukunftsfeld.“
Einen Überblick aller wichtiger Normen und Regulierungsbedingungen sowie die Möglichkeit für (potentielle) Anwender aus der Medizintechnik, sich angepasst auf ihre Anwendung zum Thema 3D-Druck zu informieren, bietet das Seminar-Kit „Form [your] next mission“ mit vier Fokuswebinaren zu unterschiedlichen Themen.
Dieser Beitrag stammt von unserem Partnerportal Mission Additive.
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