Opt-out-Lösung für die ePA Freie Ärzteschaft sieht Schweigepflicht in Gefahr

Aktualisiert am 10.11.2022 Von Natalie Ziebolz |

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Die elektronische Patientenakte in ihre aktuellen Version wird von Patienten und Patientinnen nur sehr verhalten angenommen. Eine Opt-out-Variante soll der digitalen Akte nun zum Erfolg verhelfen – und das noch in dieser Legislaturperiode. Doch es gibt Kritik an dem Vorhaben.

In nicht einmal vier Jahren soll jedem Patenten und jeder Patientin automatisch eine elektonische Patientenakte zur Verfügung gestellt werden
In nicht einmal vier Jahren soll jedem Patenten und jeder Patientin automatisch eine elektonische Patientenakte zur Verfügung gestellt werden
(© agenturfotografin – stock.adobe.com)

Update (10.11.2022): Die Gesellschafter der Gematik haben sich für eine Opt-out-Lösung für die elektronische Patientenakte ausgesprochen. Die Patientendaten sollen zudem automatisch Medizinbereichsteilnehmern und auch dem Forschungsdatenzentrum zugänglich gemacht werden. „Dieser Paradigmenwechsel bedeutet faktisch die Abschaffung der ärztlichen Schweigepflicht, die seit 2000 Jahren weltweit durch den Eid des Hippokrates festgelegt wurde und auch heute noch weltweit die Grundlage ärztlicher Tätigkeit ist“, ist sich Dr. Silke Lüder, stellvertretende Vorsitzende der Freien Ärzteschaft und niedergelassene Ärztin in Hamburg, sicher. Dies sei eine Reaktion „auf das bisherige völlige Scheitern aller Anwendungen der Telematik-Infrastruktur“ –„seit 20 Jahren unter der aktiven Beteiligung des heutigen Gesundheitsministers, der Krankenkassen und der interessierten Industrie geplant, aber ohne echte Beteiligung der betroffenen Ärzte und Patienten“.

Bestätigt sieht sich der Verband durch eine Aussage des Bundesdatenschützers Ulrich Kelber. Dieser hatte auf Twitter erklärt, dass er die Umstellung von opt-in zu opt-out „datenschutzpolitisch für falsch“ hält, „weil (wieder einmal) gefundene Lösungen kurze Zeit später verändert werden“. Hinzu kommen Datenschutzvorfälle in anderen Ländern: „Wir sehen gerade wieder in Australien, was das Hacking von Krankheitsdaten für die betroffenen Bürger bedeutet“, erklärt Wieland Dietrich, Bundesvorsitzender der Freien Ärzteschaft und niedergelassener Arzt in Essen. „Nach einem Datenschutzskandal für zentrale gespeicherte eAkten in Finnland hat es bei den betroffenen sogar Suizide gegeben.“

Dies zeige welche Bedeutung der Schutz der ärztlichen Schweigepflicht habe. „Und wir als Freie Ärzteschaft werden unsere Kritik an ihrer Abschaffung weiterhin konsequent aufrechterhalten. Zum Schutz der Patienten und unserer ärztlichen Tätigkeit“, so Dietrich.

Ursprüngliche Meldung (7.11.2022): Die elektronische Patientenakte wird von Patienten und Patientinnen bei weitem nicht so gut angenommen wie es sich die Verantwortlichen wünschen. 557.572 Nutzer hat diese gerade einmal (Stand 7.11.22). Im Gespräch war daher bereits seit längerem eine Opt-out-Lösung. Das heißt, die digitale Lösung wird automatisch für die Versicherten angelegt. Wer dies nicht möchte, muss aktiv widersprechen.

Nun haben sich auch die Gesellschafter der Gematik für diese Variante ausgesprochen und wollen die Lösung noch in der aktuellen Legislaturperiode auf den Weg bringen. Zunächst sollen jedoch folgende Opt-out-Dimensionen geprüft werden:

  • die Bereitstellung der Akte,
  • der Zugriff auf die ePA,
  • die Befüllung der Akte und
  • die pseudonymisierte Datenweitergabe zu Forschungszwecken.

Dabei wird die Gematik nicht müde die Vorteile der ePA zu betonen: „Sämtliche an einer Behandlung beteiligte Leistungserbringer bekommen schnell und effizient einen Überblick über die Krankengeschichte von Patienten und Patientinnen. Medikationsprozesse können besser begleitet und Doppeldiagnosen vermieden werden. Arztbriefe und Befunde liegen künftig nicht mehr in Papierform vor oder müssen per Fax oder Post versendet werden. Diagnosen und Dokumente anderer Fachkollegen können vielmehr direkt nach der Untersuchung abgelegt werden und sind sofort einsehbar.“

Die Daten der Versicherten, die sich bereits eine ePA angelegt haben oder dies bis zur Einführung der Opt-out-Variante noch vorhaben, gehen daher auch nicht verloren, sondern sollen auch in der neuen Variante nutzbar sein. Die aktuelle ePA-Version soll zudem in den kommenden Monaten weiterentwickelt werden – auch weil die Gesellschafter beschlossen haben, sowohl den elektronischen Medikationsplan (eMP) als auch die elektronische Patientenkurzakte (ePKA) in die ePA zu integrieren.

Ob die neue Lösung wirklich kommt oder ob die Datenschützer ein Veto einlegen, wird sich zeigen. Bedenken dieser hatten gerade erst zu einem Stopp bei der Einführung des eRezeptes geführt:

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