Ambulante Schlafüberwachung Intelligente Geräte für Schlafapnoe-Diagnose
Etwa ein Drittel der Deutschen zwischen 30 und 69 Jahren leidet an obstruktiver Schlafapnoe (OSA), der häufigsten Art von schlafbezogenen Atemstörungen. Unser Gastautor Arto Pietilä, Senior VP bei Bittium, nennt die wichtigsten Faktoren bei Lösungen zur ambulanten Schlafüberwachung.

Weltweit sind rund 26 Prozent von dieser Erkrankung betroffen – und die Zahl steigt. Andererseits wird eine große Anzahl der Betroffenen derzeit weder diagnostiziert noch behandelt – ein Problem für Patienten, Gesundheitssystem und Wirtschaft.
Gründe für die Zunahme der OSA sind das wachsende Durchschnittsalter sowie das steigende Durchschnittsgewicht der Bevölkerung, aber auch Stress, Alkoholkonsum, Rauchen und psychische Belastung. Eine genaue Diagnose des Krankheitsbildes war bisher sehr aufwändig und fast nur mittels Untersuchungen im Schlaflabor möglich. Neue, intelligente Medizintechnik ermöglich nun auch die differenzierte ambulante Untersuchung. Bei der Auswahl einer entsprechenden Lösung ist es jedoch wichtig, verschiedene Kernparameter zu beachten.
Krankheitsbild und mögliche Folgen
Ein gesunder Erwachsener sollte jede Nacht etwa 7-9 Stunden schlafen. Der normale Schlaf hat eine eigene „Architektur“, die bei Schlafstörungen auf die eine oder andere Weise gestört ist. Es gibt über 100 verschiedene Schlaf- und Wachstörungen. Die Diagnose Schlafapnoe wird gestellt, wenn bei einem Patienten innerhalb einer Stunde mehr als fünf jeweils mindestes zehnsekündige Atemaussetzer auftreten. Bei manchen Patienten setzt, je nach Schweregrad der Schlafapnoe, die Atmung zum Teil hundert Mal pro Nacht und oft für eine Minute oder länger aus.
Diese unregelmäßige Atmung verursacht einen Sauerstoffmangel und bedeutet jedes Mal eine extreme Belastung für den Körper. In der Folge schlägt das Herz schneller, was den Blutdruck steigen lässt und zu Herzrhythmusstörungen führen kann. Zudem kann die durch die Schlafstörungen ausgelöste Tagesmüdigkeit die Leistungsfähigkeit beeinflussen und aufgrund des sogenannten Sekundenschlafs zudem die Verkehrssicherheit gefährden. Schwere Formen der Schlafapnoe führen durch chronische Müdigkeit oft zu schweren Erschöpfungszuständen oder sogar zu Depressionen. Unbehandelt kann OSA das Risiko schwerwiegender und sogar lebensgefährlicher gesundheitlicher Komplikationen, wie Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, Typ-2-Diabetes und Schlaganfall, erhöhen.
Herausforderungen bei der Diagnose
Die Pathophysiologie der OSA ist komplex und zum Teil noch unbekannt. Allerdings gibt es nach heutigem Verständnis mindestens vier Schlüsselfaktoren, die sich auf die OSA auswirken können. Die häufigsten Ursachen sind anatomische Faktoren, die zu engen oder kollabierten oberen Atemwegen führen. Weitere Gründe sind eine schlechte Reaktionsfähigkeit der Dilatatormuskeln der oberen Atemwege, eine niedrige Erregungsschwelle für respiratorische Ereignisse und eine instabile Regulierung der Atmung (zu hohe ventilatorische Reaktion).
Die Symptomatik einer OSA ist ebenfalls komplex und oft nicht eindeutig. Typisch für OSA ist, dass Betroffene laut schnarchen, bis die Atemgeräusche plötzlich aussetzen, um dann mit einem lauten Schnarchen oder Atemgeräusch wieder einzusetzen. Daher sind es häufig erst die Partner, die diese Atempausen bemerken. Eine Schlafapnoe kann aber auch ohne Schnarch-Geräusche auftreten. Die Betroffenen nehmen dann eher die Folgen, wie einen trocken Mund- und Rachenraum, morgendliche Kopfschmerzen, Gereiztheit, verminderte Libido, Gedächtnisschwierigkeiten, häufigen nächtlichen Harndrang sowie zunehmende Erschöpfung durch den gestörten Schlafzyklus, wahr.
Lange Zeit war die Untersuchung in einem Schlaflabor die einzige zuverlässige Methode, um Schlafstörungen zu diagnostizieren. Dazu müssen Patienten eine oder zwei Nächte in einem Schlaflabor verbringen, und es werden zahlreiche Elektroden angebracht, um verschiedene Parameter wie Gehirnströme (EEG), Herzfrequenz (EKG), Blutdruck, Atemfluss und Sauerstoffsättigung sowie Muskel- und Bewegungsparameter zu messen. Allerdings ist diese Untersuchungsmethode oft mit hohen Kosten und Aufwand für das medizinische Personal sowie Unannehmlichkeiten für die Patienten verbunden. Aus diesem Grund zögern erfahrungsgemäß einige Betroffene, sich einer solchen Untersuchung zu unterziehen.
Ambulante Untersuchungsgeräte waren jedoch bisher größtenteils zu ungenau, da sie nicht alle benötigten Biosignale erfassen konnten. Nun bietet eine neue Generation intelligenter Lösungen zur ambulanten Schlafüberwachung (Home Sleep Apnea Testing – HSAT) die Möglichkeit, medizinisches Personal und Patienten deutlich zu entlasten und ist zudem deutlich kostengünstiger als eine Untersuchung im Schlaflabor. Voraussetzung ist jedoch, dass die neue Gerätegeneration die für eine genaue Diagnose notwendigen Biosignale auch präzise und vollständig erfasst.
Um sämtliche Untersuchungsmöglichkeiten definitorisch zu erfassen, hat die American Academy of Sleep Medicine (AASM) eine Klassifizierung erstellt, bei der betreute und unbetreute Untersuchungen im Schlaflabor als Typ 1 und Typ 2 bezeichnet werden. Als Typ 3 werden die neuen zertifizierten HSAT-Lösungen (Home Sleep Apnea Testing) für eine ambulante Diagnose eingestuft, die die benötigten Parameter abdecken. Untersuchungen, bei denen weniger Parameter erfasst werden, werden als Typ 4 und ”andere” gelistet .
Die wichtigsten Faktoren für die Eignung einer HSAT-Lösung
Um eine genaue Diagnose zu gewährleisten (Typ 3 der AASM-Klassifizierung), sollte die Lösung mindestens folgende Parameter messen:
- Hirnströme (EEG) oder Herzfrequenz (EKG)
- Sauerstoffsättigung
- Mindestens zwei respiratorische Parameter, wie Atemfluss und respiratorische Bewegungen
Zudem sollte die Lösung über eine medizinische Zertifizierung verfügen.
Bei der bequemen Handhabung einer HSAT-Lösung für die Patienten geht es besonders um:
- die einfache Bedienung des Geräts, um komplizierte Einweisungen und mögliche Bedienungsfehler auszuschließen,
- sowie um den Tragekomfort, für den kompakte Geräte ohne zahlreiche Kabel der einzelnen Elektroden von Vorteil sind.
Das medizinische Personal, das mit Hilfe der Geräte die entsprechenden Diagnosen durchführt, profitiert noch von weiteren Faktoren, die die effektive Anwendung der Lösung beeinflussen:
- Offline- und Online-Funktionen: Es gibt HSAT-Lösungen, die offline arbeiten und Daten zur Auswertung im Gerät sammeln, sowie Lösungen, die die Daten mit Zustimmung des Patienten direkt an die betreuende medizinische Einrichtung übertragen oder beide Nutzungsoptionen ermöglichen. Die Fernbetreuung mit direkter Datenübertragung bietet Vorteile für eine zeitnahe Diagnose. Allerdings ist bei der Datenübertragung besonders wichtig, dass das Gerät höchste Ansprüche für die sichere Datenübertragung erfüllt.
- Datenauswertung: Um die Arbeit des medizinischen Personals zu erleichtern, bietet die neueste Generation von Lösungen die Option, Messdaten mit Hilfe künstlicher Intelligenz vorab zu analysieren. So sind wichtige Muster für die Diagnosestellung schneller erkennbar.
- Datenmanagement: Für Kliniken und Medizindienstleister spielt auch das sichere und einfache Datenmanagement eine wichtige Rolle. Speziell für diesen Einsatzbereich entwickelte End-to-End-Lösungen ermöglichen die Einbindung in Online-Plattformen und erleichtern damit die Auswertung, die Ergebnisdarstellung (Reporting) und das Management entsprechender medizinischer Daten.
*Der Autor Arto Pietilä ist Senior VP bei Bittium Medical Technologies.
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