Die Rettung deutscher Krankenhäuser? Telemedizin: Eine Roadmap zum Erfolg in sieben Schritten

Ein Gastbeitrag von Dr. Patrick Heiler, Jens Schneider und Nik Müller Lesedauer: 7 min |

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Einige von uns nutzen für die schnelle Terminbuchung eine App oder nehmen ihre Sprechstunden online wahr – das ist Telemedizin. Sie ermöglicht es, virtuelle Gesundheitsdienste über eine räumliche Distanz zu erbringen. So verbessert sie nicht nur das Wohlergehen des Patienten, sondern erleichtert vielen Ärzten ihren Alltag. Dabei bietet sie Antworten auf medizinische Fragen des 21. Jahrhunderts.

Telemedizin ermöglicht unter anderem ärztliche Visiten über räumliche Distanz
Telemedizin ermöglicht unter anderem ärztliche Visiten über räumliche Distanz
(© RyanKing999 – Getty Images via Canva.com)

Ökonomische Herausforderungen im Krankenhausbereich sowie der Fachkräftemangel werden zu tiefgreifenden Veränderungen in der ambulanten und stationären Patientenversorgung führen, insbesondere in ländlichen Regionen. Um dem zu begegnen, strebt das Bundesgesundheitsministerium eine gestufte Versorgung an, in der nicht mehr alle Kompetenzen an allen Krankenhäusern angeboten werden. Eine telemedizinische Vernetzung von Leistungserbringern wird eine wesentliche Grundlage bilden, um die Verfügbarkeit spezialisierter Fachmedizin flächendeckend zu gewährleisten. Doch wie kann eine gut funktionierende Telemedizin der Schlüssel sein, um die medizinische Versorgung in den Krankenhäusern auch weiterhin auf einem hohen Niveau zu gewährleisten?

Telemedizin meint grundsätzlich das Angebot von digitalen Versorgungskonzepten. Sie kommt in zwei unterschiedlichen Anwendungsszenarien zum Einsatz: Zum einen fungiert sie als Kommunikationstool zwischen dem Patienten und den medizinischen Einrichtungen. Der Patient ist nicht mehr vor Ort für eine Behandlung, eine Erst-Diagnose kann aber vom behandelnden Arzt via Video- und Tontechnologie gestellt werden. Auch Chat-Optionen werden im Rahmen der Telemedizin angeboten. So kann schnell über weitere Behandlungsschritte entschieden werden.

Zum anderen funktioniert Telemedizin aber auch als Bindeglied zwischen medizinischen Einrichtungen zur Ermöglichung bzw. Verbesserung des fachlichen Austauschs über Distanzen hinweg. Hierzu könnten zum Beispiel behandlungsrelevante Patientendaten ausgetauscht werden, die im Rahmen von Telekonsultationen per Videosprechstunde gemeinsam besprochen werden. Auch eine Fernüberwachung von Patienten durch Fachpersonal ist möglich.

Noch ist die Nutzung der Telemedizin von Seiten der Patienten allerdings ausbaufähig: In einer Studie aus dem Juni 2021 gaben nur 17 Prozent der befragten Patienten in Deutschland an, jemals telemedizinische Dienste verwendet zu haben. Auch eine Vergütung ist erst seit kurzem verfügbar und stark beschränkt.

Im europäischen Ausland ist man hier schon weiter: In Großbritannien nutzt bereits jeder zweite Patient Telemedizin, in den Niederlanden jeder Dritte und in Frankreich sind es 28 Prozent. Dennoch beabsichtigen 77 Prozent der Patienten hierzulande, Telemedizin auch nach dem Ende der COVID-19-Pandemie mindestens genauso häufig oder sogar häufiger zu nutzen.

Karl Lauterbach will das deutsche Gesundheitswesen schnell reformieren

In der Politik ist man dagegen schon fleißig am Planen, damit sowohl Patienten als auch medizinisches Personal auf das digitale Angebot umsteigen. So sieht beispielsweise das von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im März 2023 vorgestellte Digitalgesetz die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA), E-Rezepte und die Nutzung von anonymisierten Gesundheitsdaten für Forschungszwecke vor. Auch Telemedizin wird in dem Referentenentwurf als fester Bestandteil etabliert.

Zusätzlich plant Lauterbach eine Krankenhausreform für Anfang 2024, die die Bedeutung der Telemedizin weiter unterstreicht: Sie zielt auf eine Umstrukturierung des Krankenhauswesens mit einem neuen Vergütungssystem und klaren Definitionen der verschiedenen Versorgungsbereiche ab, um die Qualität der Gesundheitsversorgung zu verbessern. Dennoch ist bisher bei allen Reformbemühungen die Vergütung der Telemedizin im ambulanten Bereich stark eingeschränkt und im stationären Bereich ungeklärt.

Aber es wird auch Zeit – der Nutzen der Telemedizin ist vielfach bewiesen und Deutschland präsentiert sich seit Jahren in seiner weitestgehend analogen Struktur des Gesundheitswesens als veraltet, ineffizient und unflexibel. Im internationalen Rennen finden wir uns oft abgehängt. Weiterentwicklungen wie die ePA oder die Telemedizin sind in Ländern wie Österreich und den Niederlanden längst kein Novum mehr. Wenn das Gesundheitssystem nicht zügig reformiert wird, leiden nicht nur die Patienten: Ärzte werden weiter an ihre Belastungsgrenze gedrängt – und Deutschland steht als europäischer Verlierer im Rennen um Innovation und Fortschritt da.

Auf der nächsten Seite: Beispiel Sachsen-Anhalt & 7 Schritte.

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