Faszination Technik Wie elektronische Haut richtungsabhängige Berührung spürt

Von TU Chemnitz / Redakteur: Dorothee Quitter

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Beeindruckendes Projekt aus Forschung und Entwicklung: die dreidimensionale Anordnung von anisotropischen magnetoresistiven Sensoren auf einem Chip mithilfe des Mikro-Origami-Verfahrens und ihre Kopplung mit magnetischen Haarwurzeln.

Eine hochintegrierte flexible mikroelektronische 3D-Sensorik nimmt die Bewegung von Härchen auf der künstlichen Haut wahr.
Eine hochintegrierte flexible mikroelektronische 3D-Sensorik nimmt die Bewegung von Härchen auf der künstlichen Haut wahr.
(© TU Chemnitz / Forschungsgruppe Prof. Dr. Oliver G. Schmidt)

Mit elektronischer Haut bzw. E-Skins werden flexible elektronische Systeme bezeichnet, die die Empfindsamkeit echter organischer Haut imitieren können. Die Einsatzfelder reichen vom Hautersatz über Anwendungen als medizinische Sensoren am Körper bis hin zu künstlicher Haut für zum Beispiel menschenähnliche Maschinen wie humanoide Roboter und Androiden. Während man in der Regel kleinste Berührungen der Härchen auf dem Arm spüren und auch die Richtung der Berührung zuordnen kann, gelang es technologisch bisher nicht, die Richtung taktiler Einflüsse auf E-Skin-Oberflächen zu erfassen. Daher ist elektronische Haut aktuell noch kaum in der Lage, den vollen Informationsgehalt einer Berührung wahrzunehmen.

Wissenschaftlern der TU Chemnitz und des Leibniz IFW Dresden ist nun ein großer Schritt bei der Weiterentwicklung empfindungsfähiger elektronischer Haut mit integrierten Härchen gelungen. Sie haben eine Methode vorgestellt, um eine äußerst empfindliche Einheit richtungsabhängiger magnetischer 3D-Sensoren zu entwickeln, die in ein E-Skin-System integriert werden kann. Dabei nutzten sie die Origami-Technologie als völlig neuen Integrationsansatz zur Miniaturisierung und ultrakompakten Anordnung mikroelektronischer Komponenten.

3D-Magnetfeldsensoren mittels Origami-Technologie anordnen

Hochintegrierte Magnetfeldsensoren in Matrix-Anordnung falten sich automatisch zu dreidimensionalen Sensorpixeln auf, die ein magnetisches Vektorfeld mit hoher Ortsauflösung detektieren können.
Hochintegrierte Magnetfeldsensoren in Matrix-Anordnung falten sich automatisch zu dreidimensionalen Sensorpixeln auf, die ein magnetisches Vektorfeld mit hoher Ortsauflösung detektieren können.
(Bild: TU Chemnitz)

Kern des vom Forschungsteam vorgestellten Sensorsystems ist ein sogenannter anisotropischer magnetoresistiver Sensor (AMR). Mit ihm können Veränderungen in Magnetfeldern präzise bestimmt werden. Um die AMR auf einem Chip anzuordnen, bedienten sich die Forscher des sogenannten Mikro-Origami-Verfahrens. Dieses Verfahren dient der automatischen Auffaltung von mehreren AMR-Sensorkomponenten in eine dreidimensionale Würfelstruktur, die das magnetische Vektorfeld auflösen kann. So integrierte das Forschungsteam die Mikro-Origami-Magnetsensoren in eine aktive elektronische Matrix, mit der jedes einzelne Sensorelement durch elektronische Schaltkreise bequem adressiert und ausgelesen werden kann.

Künstliche Haare mit magnetischen Wurzeln

Durch die magneto-mechanische Kopplung zwischen 3D-Magnetfeldsensor und magnetischer Haarwurzel nimmt die elektronische Haut Berührungen erstmals aus verschiedenen Richtungen wahr.
Durch die magneto-mechanische Kopplung zwischen 3D-Magnetfeldsensor und magnetischer Haarwurzel nimmt die elektronische Haut Berührungen erstmals aus verschiedenen Richtungen wahr.
(Bild: TU Chemnitz)

Darüber hinaus ist es dem Forschungsteam gelungen, die 3D-Magnetfeldsensoren mit feinsten künstlichen Härchen in eine künstliche Haut zu integrieren. Dafür wurden die Härchen jeweils mit einer magnetischen Wurzel ausgestattet. Werden nun die Härchen leicht berührt, bewegen sich die magnetischen Wurzeln in eine bestimmte Richtung, dessen Positionen von den darunterliegenden Magnetfeldsensoren exakt bestimmt werden können. Das bedeutet, dass die Sensormatrix nicht nur die Bewegungen der Haare registriert, sondern auch deren Richtung. Somit wird jedes Haar auf einer E-Skin zu einer eigenen Sensoreinheit, die Veränderungen in der direkten Umgebung richtungsabhängig wahrnehmen kann.

Diese Fähigkeit ist zum Beispiel von großer Bedeutung, wenn Menschen und Roboter eng zusammenarbeiten und ein Roboter seinen menschlichen Gegenpart kurz vor einer gewollten Berührung oder einer gefährlichen Kollision vorrausschauend und exakt wahrnehmen soll.

Zur Originalpublikation in der Fachzeitschrift "Nature Communications"

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei unserem Schwesterportal Konstruktionspraxis.

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