3D-Scantechnologie in der medinzischen Ausbildung Covid-19-Versorgung: Intubieren üben am digitalen Dummy
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Derzeit sind alle Augen auf die Medizinbranche gerichtet. Denn inmitten der globalen Pandemie stehen Ärzte, Krankenpfleger und anderes medizinisches Personal an vorderster Front. Währenddessen befindet sich bereits die nächste Generation von medizinischen Fachkräften in der Ausbildung. Einige erhalten in diesen Krisenzeiten ihren Abschluss und beginnen früher als erwartet mit der unmittelbaren Arbeit am Patienten.

Zur Beschleunigung und Verbesserung der medizinischen Ausbildung spielt 3D-Scantechnologie, gepaart mit 3D-Druck und Virtual Reality (VR), eine essentielle Rolle. Die Kombination dieser Werkzeuge erfreut sich in der medizinischen Fachwelt immer größerer Beliebtheit – ein Trend, der sich durch die Pandemie weiter beschleunigt hat. Die Technologie des 3D-Scannens wird hierbei vor allem genutzt, um mithilfe der digitalen Abbilder praktische Erfahrungen zu simulieren, etwa durch die Erstellung virtueller Anwendungen und durch die Ausbildung an realistischen Dummys.
Digitalisierte Leichen
Remote-Fortbildungen und digitales Lernen sind in Zeiten von COVID-19 immer wichtiger geworden. Studenten der Medizinischen Universität Montpellier sind an diese Art des Lernens allerdings schon länger gewöhnt, insbesondere wenn es um die anatomische Sektion von Körperspenden geht. Traditionell ist die Verwendung echter Leichen die Standardmethode, um Medizinstudenten die menschliche Anatomie und die Obduktion menschlicher Körper zu lehren – jedoch ergeben sich oft Probleme mit Verfügbarkeit und Kosten. Denn die Durchführung von anatomischen Sektionen an Körperspenden kann kostspielig sein, und unerfahrene Medizinstudenten führen beim ersten Versuch nicht immer eine ordnungsgemäße Präparation durch, sodass der Leichnam oder Teile davon beschädigt werden können. Für die weitere Ausbildung sind die während des Lehrgangs entstandenen Präparate schlussendlich unbrauchbar.
Zwei Chirurgen des Anatomie-Labors der Universität Montpellier, Dr. Guillaume Captier und Dr. Mohamed Akkari, versuchten deshalb, eine bessere und kostengünstigere Möglichkeit zu finden, ihren Studenten anatomisches Fachwissen zu vermitteln. Dies brachte sie bald zum 3D-Scannen und dem Vorhaben, eine Anwendung für die Ausbildung an digitalen Leichen zu erstellen. Um sicherzustellen, dass die Anwendungsdaten so realistisch und genau wie möglich waren, wurden alle Schritte des Sezierens an einer echten Körperspende durchgeführt und dabei mit professionellen tragbaren 3D-Scannern digital erfasst. Die 3D-Scandaten wurden zur Erstellung fotorealistischer Modelle, die als Grundlage für die Erstellung dieser modernen Anwendung dienen sollten, verwendet.
Die Studenten können die Obduktion nun in einer VR-Umgebung üben, die realistische Leichen mit mehreren Schichten – Haut, Faszien und Muskeln – darstellt. Die Nutzer können sich zudem kombinierte CT-, MRI- und 3D-Scans in einer 3D-Umgebung anzeigen lassen. Darüber hinaus lässt sich innerhalb dieser vielseitigen und einzigartigen Anwendung auch ein Prüfungsmodus abspielen, um den Wissensstand der Studenten zu kontrollieren. Diese können so ihre medizinischen Fähigkeiten verfeinern, bevor sie an echten Körperspenden arbeiten. In Verbindung mit haptischen Geräten können die Studenten sogar den Widerstand der Werkzeuge, die sie bei der Durchführung der digitalen Obduktion verwenden, spüren. Und auch wenn sich das Projekt derzeit noch in der Pilotphase befindet, ist dies bereits eine funktionierende Form des digitalen Lernens, die aufgrund ihrer Kostenersparnis und der Möglichkeit, Remote-Fortbildungen durchzuführen, schnell an Bedeutung gewinnen könnte.
3D-gedruckte Dummys
Unterdessen führten in Großbritannien die NHS Nightingale Hospitals während der ersten Welle der COVID-19 Pandemie verschiedene Innovationen ein, um der entstandenen Notsituation zu begegnen. Schon früh hatte man erkannt, dass eine der wichtigsten Behandlungsmethoden für Patienten mit schweren COVID-19-Symptomen darin besteht, sie mit Beatmungsgeräten zu versorgen. In Notfallsituationen sind bei der Durchführung dieser Behandlung jedoch auch Genauigkeit und Präzision entscheidend, was für künftige Krankenpfleger und Ärzte eine zusätzliche Herausforderung darstellt.
Die Kliniken erhielten fünf lebensechte Dummys des Herstellers LifeCast BodySim – und das gerade einmal zwei Wochen bevor es in Großbritannien zum Lockdown kam. LifeCast hatte bereits viel Erfahrung in der Verwendung von 3D-Scans zur Herstellung menschlicher Modelle (Manikins) für die Filmindustrie (etwa für Der Soldat James Ryan und Fast and Furious). Die Herstellung von Dummys für medizinische Zwecke wiederum war für das Unternehmen Neuland.
Um die Manikins zu erstellen, scannen die Spezialisten zunächst lebende Freiwillige aller möglichen Altersgruppen und unterschiedlicher Körperstaturen in 3D, um eine Reihe von Vorlagen zu erhalten. Die Scans werden in 3D ausgedruckt und dann von Hand nachbearbeitet, bevor sie zur Herstellung der Gussformen verwendet werden. Mithilfe der Gussformen werden lebensechte Manikins aus Silikon hergestellt. Detailarbeiten, wie das Hinzufügen von menschlichen Haaren oder von Yakhaaren, tragen zur Realitätsnähe der Puppen bei.
Sowohl 3D-Scan als auch 3D-Druck werden verwendet, um schwierig nachformbare Komponenten nachzubilden, wie zum Beispiel den Brustkorb. Die fertigen Dummys sind am Ende viel mehr als nur verblüffend realistische Abbildungen – sie sind mittlerweile so weit entwickelt, dass die Puppen mit eigenem Puls und simulierter Atmung ausgestattet werden können. Jeder Dummy ist zudem mit einer Kamera im Hals ausgestattet. Diese wird für das Intubationstraining verwendet und liefert wertvolles Feedback für die Ausbildung.
Mithilfe der 3D-gescannten Manikins konnten die NHS Nightingale Hospitals Tausende von medizinischen Fachleuten im Vereinigten Königreich in Verfahren zur Behandlung von COVID-19 schulen. Dabei war das medizinische Personal weder dem Druck ausgesetzt, einen echten Patienten versorgen zu müssen, noch bestand während der Ausbildung ein Infektionsrisiko. Dies erleichterte nicht nur generell den Umgang mit der Situation, sondern trug auch dazu bei, dass mehr Personal als je zuvor im Umgang mit Beatmungsgeräten und Inkubatoren geschult werden konnte.
3D-Scans für medizinische Illustrationen zur besseren Veranschaulichung
Medizinische Universitäten haben damit begonnen, enorm realistische AR- (Augmented Reality) und VR- (Virtual Reality) Simulationen verschiedener chirurgischer Eingriffe für ihre Medizinstudenten zu entwickeln. Solche Simulationen werden durch die Arbeit medizinischer Illustratoren – mit strengen Standards hinsichtlich anatomischer Genauigkeit und Präzision – unterstützt. Während der Simulationen verfeinern angehende Ärzte ihre Feinmotorik und ihr Muskelgedächtnis mit virtuellen Skalpellen, Bohrern und anderen Werkzeugen. Das erzwingt jedoch eine hohe Genauigkeit des 3D-Modells, an dem sie arbeiten, anatomisch nicht genau ist; kann es doch sein, dass der Arzt dann später nicht in der Lage sein wird, den tatsächlichen Eingriff an einem realen Patienten erfolgreich durchzuführen.
Um 3D-Modelle für ihre Arbeit zu erhalten, haben medizinische Illustratoren mehrere Möglichkeiten. Der traditionelle Weg war bisher die 3D-Modellierung. Allerdings erfordert die 3D-Modellierung normalerweise einen sehr langen, mehrstufigen Prozess zur Erstellung von 3D-Inhalten. Und wenn es um organische Formen wie das menschliche Skelett- und Muskelsystem geht, suchen selbst erfahrene 3D-Modellierungsexperten oft nach effizienteren Wegen, die Objekte digital zu erfassen.
Eine geeignetere Methode stellt das 3D-Scannen dar. Die University of Dundee entschied sich für handgeführte 3D-Scanner, nachdem deutlich wurde, wie schnell und einfach es auch für unerfahrene Studenten war, solche Geräte zu nutzen und innerhalb von Sekunden mit der Erfassung von Objekten zu beginnen. Ganz zu schweigen von den Ergebnissen, die wissenschaftlich genaue 3D-Modelle darstellen. Diese sind für anatomische Illustrationen, VR/AR-Anwendungen in der Medizin sowie für den 3D-Druck geeignet.
Viele der zu scannenden Objekte sind physisch zerbrechlich und anfällig für Beschädigungen, deswegen müssen die Kontakte, denen sie ausgesetzt sind, extrem begrenzt werden. Das Strukturlicht der 3D-Scanner ist absolut sicher und zerstörungsfrei, unabhängig davon, ob es sich um empfindliche zoologische Präparate oder spröde, Jahrtausende alte Fossilien handelt. Selbst unerfahrene Anwender können an einem einzigen Nachmittag ein Dutzend Proben und mehr scannen. Für Medical Artists auf der ganzen Welt sowie für aktuelle und künftige Studenten sind 3D-Modelle eine entscheidende Komponente bei der Erstellung medizinisch und forensisch präziser Abbildungen, die sowohl detailliert als auch verständlich sind.
Fazit
Diese Beispiele zeigen, wie die Zukunft der medizinischen Ausbildung aussehen könnte. In allen drei Fällen wurde eine sichere und kontrollierte Umgebung für die medizinische Ausbildung geschaffen, während gleichzeitig der Druck genommen wurde, die Arbeit gleich beim ersten Mal einwandfrei auszuführen. Die COVID-19-Pandemie hat einige dieser Entwicklungen sicherlich beschleunigt, doch wird das 3D-Scannen aufgrund der zunehmenden Digitalisierung in der medizinischen Ausbildung generell eine zunehmend wichtige Rolle spielen.
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