§ 219a StGB Time to say goodbye

Von Eva Hornauer

„Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ – das ist die Überschrift des Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches. Verboten wird die Werbung für, aber auch die Bereitstellung von Informationen zum Schwangerschaftsabbruch durch Ärzte und Ärztinnen. Das Bundesjustizministerium sieht Handlungsbedarf.

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„Ich glaube wir müssen das Recht der Gegenwart anpassen“, so Buschmann zur geplanten Streichung des § 219a StGB
„Ich glaube wir müssen das Recht der Gegenwart anpassen“, so Buschmann zur geplanten Streichung des § 219a StGB
(© Andreas Gruhl – stock.adobe.com)

Am vergangenen Montag trat Bundesjustizminister Marco Buschmann vor die Presse und kündigte die Streichung des § 219a des Strafgesetzbuches (StGB) an. Ein entsprechender Gesetzentwurf dafür sei in die Ressortabstimmung gegeben worden und soll in der kommenden Woche veröffentlicht werden.

Die Diskussion um den § 219a StGB ist spätestens seit dem Prozess gegen die Gießener Ärztin Kristina Hänel einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Der Paragraf, der noch aus dem Jahr 1933 stammt, verbietet die „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“. Hänel wurde 2017 erstmals zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie auf der Homepage ihrer Praxis darüber informiert, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehme.

„Ich halte es für meine ärztliche Pflicht, Betroffene ausführlich aufzuklären und zu informieren. Diese Informationen beziehen sich auch auf den Schwangerschaftsabbruch. Ebenso halte ich es für ein Recht der Betroffenen, sich ausführlich informieren zu können. Das geht nur, wenn es Fachleuten erlaubt ist, diese Informationen auf ihren Webseiten zur Verfügung zu stellen. Der §219a StGB verhindert das“, so Hänel auf ihrer Homepage. Besonders störe Hänel, dass sogenannte Abtreibungsgegner im Internet über Schwangerschaftsabbrüche schreiben könnten, was sie wollten – sachliche Informationen von Medizinerinnen und Medizinern allerdings verboten wären.

Nachdem Hänel mit dem gegen sie eingelegten Gerichtsverfahren und dem anschließenden Berufungsverfahren an die Öffentlichkeit ging, wurde der § 219a StGB geringfügig verändert. Ärztinnen und Ärzte dürfen mitteilen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen, weitere Informationen dürfen aber nicht zur Verfügung gestellt werden.

Die geplante Streichung des § 219a StGB begründet Buschmann mit der fehlenden Gegenwartskonformität des Paragrafen. Die Regelung „wurde in einer Zeit gefunden, als es noch kein Internet gab – wo Ärzte eben nicht im Internet darstellen konnten, welche Eingriffe sie vornehmen, welche Techniken sie dazu anwenden und was aus medizinischer Sicht dafür und dagegen spricht. Und deshalb glaube ich müssen wir das Recht dieser Gegenwart anpassen“, so Buschmann. Es sei „ein unhaltbarer Zustand, dass jeder alles Mögliche über diese Dinge ins Internet setzen kann, aber ausgerechnet die Menschen, die dazu qualifiziert sind, das nicht können“, erläuterte der Bundesjustizminister die Begründung seines Vorhabens weiter.

Der Bundesjustizminister betonte am Montag ausdrücklich, dass die Streichung des Strafrechtsparagrafen nichts am Schutzkonzept des ungeborenen Lebens ändere.„Niemand muss die Sorge haben, dass ungeborenes Leben nicht weiterhin geschützt ist. Am Schutzkonzept ändert diese Rechtsänderung nichts. Nach wie vor ist grundsätzlich der Schwangerschaftsabbruch strafbar. Und strafbefreiend ist die Vornahme eines solchen Eingriffs nach wie vor nur, wenn eine Schwangerenkonfliktberatung stattfindet“, versicherte Buschmann. Weiterhin bleibe auch eine „ anpreisende und grob anstößige Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche verboten – das ergebe sich aus dem Standesrecht von Ärzten und Ärztinnen, so der Bundesjustizminister.

Die Streichung von § 219a StGB sei Teil der „fortschrittlichen Rechtspolitik“, die die Ampelregierung anstrebte und die versucht, „die Spannung zwischen dem Recht, das aus der Vergangenheit stammt, und der Gegenwart aufzulösen“, erklärte Buschmann auf Nachfrage. Zu den Plänen des Bundesjustizministeriums in dieser Legislaturperiode zählt unter anderem auch die Digitalisierung der Justiz selbst.

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