Empfehlung der DGIM Auf den Inhalt kommt es bei der ePA an

Von Natalie Ziebolz Lesedauer: 4 min |

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Impfausweis, Laborbefunde, Notfalldatensatz – in der elektronischen Patientenakte (ePA) können viele medizinische Dokumente hinterlegt werden. Doch welche helfen der Ärzteschaft in der Praxis wirklich? Diese Frage versucht die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) zu beantworten.

Die Einführung der ePA stockt. Viele Fragen nach ihrer Ausgestaltung sind noch offen – vor allem, welche Daten darin hinterlegt werden sollen und nach welchen Standards dies erfolgt
Die Einführung der ePA stockt. Viele Fragen nach ihrer Ausgestaltung sind noch offen – vor allem, welche Daten darin hinterlegt werden sollen und nach welchen Standards dies erfolgt
(© terovesalainen – stock.adobe.com)

Die elektronische Patientenakte wird heiß diskutiert. Im Fokus steht dabei meist die Frage, ob „Opt-in“- oder „Opt-out“-Regelung – letzteres soll den Nutzerzahlen den langersehnten Aufschwung geben. Bisher nutzen schließlich nur 586.196 Patienten die ePA und können darin Notfalldaten, Medikationspläne oder auch den Impfausweis hinterlegen. Mit der nächsten Ausbaustufe, die noch in diesem Jahr umgesetzt werden soll, sollen auch Krankenhaus-Entlassungsbriefe, Pflegeüberleitungsbögen, Laborwerte oder die Daten digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA) verwaltet werden können.

Auch wenn es jetzt Zugriffszahlen aktuell anderes sagen, Potenzial hat die ePA: „Dem Rettungsdienst, den Kolleginnen und Kollegen in der Notaufnahme oder der Intensivstation fehlen oft wichtige Informationen zum Gesundheitszustand oder der Krankengeschichte von Patientinnen und Patienten“, erklärt Spethmann, Kardiologe am Deutschen Herzzentrum der Charité ist. Ein hinterlegter Notfalldatensatz kann hier über Leben und Tod entscheiden.

Doch auch für die prähospitale Versorgung, fahrende ärztliche Bereitschaftsdienste der KVen oder die Behandlung von Patienten mit chronischen, seltenen oder schweren, dynamisch verlaufenden Erkrankungen bringt die digitale Akte Vorteile – zumindest, wenn sie die richtigen Informationen enthält.

Doch welche sind das? Mit dieser Frage hat sich die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin beschäftigt: „Unsere Überlegungen gehen von der internistischen Praxis und ihren Anforderungen aus. Wir möchten damit einerseits zur Diskussion anregen, welche Daten in der ePA erfasst werden und wie diese darin aufbereitet werden sollten“, erklärt Professor Dr. med. Claus Vogelmeier, Sonderbeauftragter für Digitalisierung im Vorstand der DGIM und Vorsitzender der DGIM-Kommission „Digitale Transformation in der Inneren Medizin“.

Vom Notfalldatensatz bis hin zu bildgebenden Verfahren

Insgesamt neun Themenfelder hat die Gesellschaft dabei identifiziert:

  • 1. Notfalldatensatz (NFD) beziehungsweise elektronische Patientenkurzakte (ePKA): Mit Informationen zu Vorerkrankungen, aktuelle Dauermedikation (inkl. Bedarfsmedikation), Allergien (mit klinischen Angaben) und Unverträglichkeiten, Angaben zu Implantaten sowie Pflegegrad, Einschluss in ein Patientenprogramm, z.B. DMP, Kontaktinformationen Angehörige und Pflegeeinrichtung (Notfallkontakte) und Kontaktinformationen behandelnde Ärzte / Einrichtungen.
  • 2. Datensatz persönliche Erklärungen (DPE): Hier soll der Aufbewahrungsort etwa vom Organspendeausweis oder Patientenverfügungen hinterlegt werden.
  • 3. Bundeseinheitlicher Medikationsplan (BMP), elektronischer Medikationsplan (eMP), Medikationspläne (andere): Die DGMI plädiert hier für einen serverbasierten Medikationsplan, der auch „Verordnungs- bzw. Dispensierinformationen verordnender Ärzte und der abgebenden Apotheken“ berücksichtigt. Solange dies technisch noch nicht realisiert ist, sollte zumindest ein möglichst aktueller Plan hinterlegt werden.
  • 5. Entlassbriefe aus stationären Behandlungen, Arztbriefe aus ambulanter Behandlung, ärztliche Behandlungs- und Therapieberichte: Zu den hier aufgeführten Dokumenten zählen Arzt- bzw. Entlassbriefe (Epikrisen) aus der stationären Akutversorgung und aus Reha-Einrichtungen sowie Arztbriefe aus der ambulanten Behandlung und Behandlungs- und Therapieberichte.
  • 6. Behandlungsberichte anderer Heilberufe: Darunter zählen etwa Physio- oder Ergotherapien.
  • 7. Laborbefunde: Neben klinischer Chemie, Hämatologie und Hämostaseologie sind hier auch Tumormarker, Molekulardiagnostiken, Mikrobiologie, Histopathologie und Virologie zu berücksichtigen.
  • 8. Befunde apparativer Untersuchungen: Hierzu zählen unter anderem EKG-Befunde, Untersuchungen der Lungenfunktion sowie Befunde aller endoskopischen Untersuchungsverfahren.
  • 9. Befunde bildgebender Verfahren: Das schließt Befunde der Radiologie und Szintigraphie sowie von Ultraschalluntersuchungen ein. Zudem regt die DGMI an, künftig auch die DICOM-Bilddaten über die ePA zur Verfügung zu stellen.

Strukturierung, Standardisierung und Rahmenbedingungen

Da es sich bei den oben genannten Inhalten oftmals um Dokumente handelt, ist es notwendig, diese technisch und semantisch zu strukturieren. Dadurch können die enthaltenen Daten „automatisiert mit Hilfe von Algorithmen und künstlicher Intelligenz weiterverarbeitet und analysiert werden“. Dies sei laut DGIM grundsätzlich für alle Arten von medizinischen Dokumenten anzustreben, weil dadurch neben der verbesserten Nutzung für die Forschung auch unmittelbar in der Patientenversorgung große Vorteile entstehen – zum Beispiel bei der frühen Diagnosestellung bei seltenen Erkrankungen durch die Nutzung von KI.

Doch nicht nur die Strukturierung der ePA ist entscheidend, es müssen auch die technischen Voraussetzungen geschaffen werden, das Ärzte an allen Arbeitsplätzen, also auch in Notfallsituationen oder mobilen Szenarien, schnell und einfach auf die Daten zugreifen und diese gegebenenfalls ergänzen können. Zudem gibt die DGIM zu bedenken, dass das Befüllen und Pflegen der ePA künftig eine gemeinschaftliche Aufgabe der Ärzteschaft sein wird. Nutzen und Aufwand stünden dabei jedoch nicht immer in einem ausgewogenen Verhältnis. „Um die ePA zu einem Erfolg zu führen, müssen diese Asymmetrien dort, wo sie bestehen, durch entsprechende Vergütungsregelungen und ggf. auch -anreize ausgeglichen werden.“ Auch der zusätzliche Aufwand müsse durch eine angemessene Vergütung kompensiert werden.

Keine Kapazität für Beta-Testungen

„Die Digitalisierung im Gesundheitswesen – und davon ist die ePA ein wichtiger Teil – ist dringend notwendig und überfällig“, ist auch DGIM-Generalsekretär Professor Dr. med. Georg Ertl überzeugt. Alle Beteiligten müssten jedoch anerkennen, dass die Umstellung für Ärztinnen und Ärzte zunächst mit erheblichen zeitlichen und organisatorischen Mehraufwänden verbunden sei. Dies müsse entsprechend Berücksichtigung finden.

„Die ärztliche Zeit gehört zuallererst den Patientinnen und Patienten“, ergänzt der DGIM-Vorsitzende Professor Dr. med. Ulf Müller-Ladner. Da im Alltag in Klinik und Praxis die Kapazitäten für eine Beta-Testung der Soft- und Hardware fehlten, müsse die ePA in der Einführungsphase bereits nahezu serienreif sein. Dies sei für eine möglichst große Akzeptanz der ePA in der Ärzteschaft entscheidend. „Mit unseren Vorschlägen wollen wir dazu einen Beitrag leisten und die rasche Umsetzung der ePA fördern“, so Ertl abschließend.

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