Digitalisierung und Management Frischer Wind
Was treibt den Wandel im Gesundheitswesen voran, und wie kann er gelingen? Dazu haben sich sieben Autoren der „Generation Hashtag“ Gedanken gemacht.
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„Die Digitalisierung bedeutet für die Medizin die größte Veränderung ihrer Geschichte“, meint Prof. Dr. Jochen A. Werner im Vorwort des Buches „Generation Hashtag. Managementwandel im Gesundheitswesen“. Und diese Veränderung wird von mehreren Generationen begleitet und geprägt – jenen, die mit dem Digitalen aufgewachsen sind und jenen, die erst hineinwachsen müssen. Hier seien also Managementstrukturen gefragt, die „einen zukunftssicheren Mix von Alt und Jung“ sichern, „um die mannigfaltigen Belange suffizient abdecken zu können“.
Das Buch „Generation Hashtag“ hat diesen Mix bereits geschafft. Die Herausgeber Tanja Heiß (Mitglied der Geschäftsleitung der Lenus GmbH), Martin Camphausen (Marketingleiter Klinikverbund Südwest GmbH) und Prof. Dr. Werner (Ärztlicher Direktor und Vorstandvorsitzender des Universitätsklinikums Essen) haben Autoren versammelt, die sich den Themen Digitalisierung und Management im Gesundheitswesen aus verschiedenen Blickwinkeln nähern – und vor allem geben sie der „Generation Hashtag“ Raum. Die zentralen Fragestellungen sind:
- Wie ticken die Führungskräfte der Zukunft?
- Welchen Anspruch haben junge Menschen an die Arbeitswelt von morgen?
- Welche Anforderungen werden an Führungskräfte in Zeiten der Digitalisierung gestellt?
- Womit motiviere ich junge Talente zu Höchstleistungen?
- Wie binde ich Millenials & Co. langfristig an mein Unternehmen?
- Wie wirkt sich das Kommunikationsverhalten der Digital Natives auf die Arbeitswelt im Gesundheitswesen aus?
Veränderung erwünscht
„Die Generation Hashtag ist eine neue Bewegung im Gesundheitswesen“, erklären Heiß und Camphausen. „Vertreten wird sie von Vorwärtsdenkern und künftigen Lenkern, die sich nicht mit dem Status quo zufriedengeben, sondern sich für Lösungen stark machen, statt Probleme zu sehen.“ Quasi kollektiv im Kampf gegen die „Das haben wir schon immer so gemacht“-Denke. „Vor allem die Jahrgänge nach 1980 vermissen aufseiten der Entscheidungsträger den Mut und die Entschlossenheit, etwas zu verändern“, stellen die Herausgeber fest. Die nötigen Veränderungen werden im Buch unter den Begriffen
- New Leadership,
- Employer Branding,
- Digitalisierung und
- New Work zusammengefasst.
Zum Thema Leadership spricht Tanja Heiß die im Gesundheitswesen vielfach anzutreffenden hierarchischen Strukturen mit autoritären Führungspersönlichkeiten an, gleichzeitig würden Young Professionals nicht ernst genommen. So geschehen auf dem Hauptstadtkongress Berlin, wo das neue Diskussionsformat „Battle of Arguments“ „sprichwörtlich in den Keller verbannt“ wurde, so Heiß. Ein Dialog auf Augenhöhe – das ist ein Aspekt des von Heiß geforderten „New Leadership“, aber auch Visionen oder die Gestaltung von Digitalisierung in Kommunikation und Arbeitsprozessen.
„Employer Branding“, also Arbeitgebermarkenbildung, hat den Gesundheitsmarkt erreicht. Um auch den Nachwuchs für sich zu gewinnen, müssen Krankenhäuser ein „glaubwürdiger und attraktiver Arbeitgeber“ sein, meint Katharina Lutermann von der Paracelsus Kliniken GmbH. Und dazu gehören, ergänzt Martin Camphausen, auch Ecken und Kanten. „Ab sofort werden Gesundheitseinrichtungen sich bei den potenziell neuen Mitarbeitern bewerben müssen – nicht umgekehrt“, ist Lutermann überzeugt. Hierzu sei der Aufbau als Marke und daraus folgende Werte und Identifikation nötig, was gerade im Generationenmix aus „Babyboomern“, „Generation X“, „Generation Y“ und „Generation Z“ anspruchsvoll sei. Camphausen: „Dabei geht es nicht um fancy bunte Bilder und die flottesten Sprüche, sondern um Einzigartigkeit gepaart mit Glaubwürdigkeit und Natürlichkeit.“
Philipp Köbe schreibt über „New Work als Pflichtprogramm“ und spricht damit ebenfalls die verschiedenen Ansprüche der Generationen an. „Dabei spielen ein flexibler Arbeitsort und flexible Arbeitszeiten eine weniger große Rolle als die Planbarkeit von Arbeitszeit im Allgemeinen und ausreichende Auszeiten zur Erholung“, betont Köbe. Möglicherweise könne ein attraktiveres Dienstplanmodell zur Vermeidung des hohen Teilzeitbedürfnisses bei Medizinern und Pflegenden führen.
Digitalisierung
Timo Frank (Vivy GmbH), Florian Bechtel (Universitätsherzzentrum Freiburg) und Gesa P. Steidel (KMS Vertrieb und Services AG) gehen im Buch auf die Digitalisierung ein und schreiben über „German Rocket Science“, „German Angst“ beziehungsweise „German Mut“. Frank plädiert für den Einsatz von Messengern in der Krankenhauskommunikation: „Die üblichen Kommunikationswege wie Fax, eMail oder Telefon sind charakteristisch für Intransparenz.“ Diese veralteten Hilfsmittel seien Zeitfresser und höchst fehleranfällig. Zudem ließen sich via Messenger vergangene Entscheidungen nachvollziehen und Dokumente schneller finden. Nachvollziehbar, doch Franks Absage an „lästige Begrüßungs- und Verabschiedungsformeln“ dürften nicht überall Anklang finden.
Dem Vorwurf, digitale Kommunikation sei nicht sicher genug, erteilt Frank eine klare Absage: „Im Gesundheitswesen ist vor allem die Patientensicherheit ein erstrebenswertes Ziel. Symptome warten schließlich nicht auf ein unsicheres Fax oder einen verzögerten Entlassbrief.“
Bechtel schreibt über die falsche Angst vor Arbeitsplatzverlust, denn gerade die Digitalisierung könne das an allen Ecken und Enden fehlende Fachpersonal auffangen. Allerdings entbehre diese Angst in der Pflege nicht jeder Grundlage, da der Pflegeberuf zunehmend als ein Beruf dargestellt werde, der ein niedriges Anforderungsprofil besitze – und damit ersetzbar sei. Ziel müsse sein, alle Berufgruppen an einen Tisch zu bringen und einen „Konsens zu formulieren, der als Ziel dient, an dem die Digitalisierungsstrategie ausgerichtet wird“, so Bechtel.
Entscheidungsträger würden zunehmend als Moderator agieren müssen. Technisch sei bereits jetzt sehr vieles möglich. „Deshalb lohnt es sich bereits jetzt festzulegen, wie weit man (...) gehen möchte, was den Einsatz von virtuellen und technologischen Hilfsmitteln betrifft“, mahnt Bechtel. Bei aller Digitalisierung: Das „Automatisierungsrisiko“ halte sich laut Bechtel bei Gesundheitsberufen in Grenzen, da die so genannten Softskills nicht ohne Weiteres ins Digitale zu übertragen seien.
Steidel meint hingegen, dass gerade die Gesundheitsbranche sehr hohes Digitalisierungspotenzial besitze. „Jobs, die menschenzentriert sind, können wunderbar aufgewertet werden, wenn sich der Mensch dem Rhythmus der Maschine anpasst. Routinetätigkeiten sowie körperlich anstrengende Arbeit sind am stärksten bedroht“, erläutert Steidel. In Asien sehe man, dass sich hoher Maschineneinsatz mit hohem Lohnniveau und Vollbeschäftigung vereinbaren lasse.
Parallel entstünden laut Steidel neue Berufsbilder und Anforderungen, darunter Data Scientists, Programmierer und IT-Sicherheitsexperten. Ohne Weiterbildung gehe es hier nicht, dies werde gerade von der jungen Generation eingefordert. Auch das Berufsbild des Arztes verändere sich, die Distanz zwischen Arzt und Patient nehme ab – angetrieben durch Mediziner, die sich auch als Influencer verstehen und auf Youtube oder Instagram über ihre Arbeit berichten.
Fazit
In „Generation Hashtag“ geben sieben Autoren auf rund 200 Seiten ihre Einschätzung zum Wandel im Gesundheitswesen wieder. Autoren, die „keine Professorentitel tragen und die keine langen Publikationslisten mit anhängiger Reputation mit sich führen“, wie Heiß und Camphausen einräumen. Wertet dies das Buch ab? Nein, im Gegenteil. Der frische Blick macht Laune und inspiriert hoffentlich auch die Entscheidungsträger. Und wer dennoch auf langjährige Erfahrung nicht verzichten mag, kann sich an die zwölf Zitatgeber halten, die als Experten ihre Sicht der Dinge wiedergeben. Der Schlusssatz „Dieses Buch ist nicht das Ende. Es ist erst der Anfang“ zeigt: Hier kommen kreative Köpfe nach, denen die Ideen noch lange nicht ausgegangen sind. Dem deutschen Gesundheitswesen wird es gut tun.
Weitere Infos zum Buch „Generation Hashtag“ sowie eine Bestellmöglichkeit gibt es online auf der entsprechenden Seite des Verlags.
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