Gesundheit am Arbeitsplatz Smarter Stresswächter am Handgelenk

Redakteur: Dipl.-Ing. (FH) Monika Zwettler

„Pling! – Fühlen Sie sich im Moment unter Druck? – Wollen Sie bei einigen Atemübungen entspannen?“, so könnte sich die KI-basierte App Cello, die derzeit entwickelt wird, beim Nutzer melden, wenn dessen Fitnesstracker oder Smartwatch auffällige Werte misst.

Personalisierte Angebote zur Stressreduktion soll die App Cello künftig ihrem Nutzer unterbreiten, wenn sein Fitnesstracker erhöhte Stressmarker verzeichnet.
Personalisierte Angebote zur Stressreduktion soll die App Cello künftig ihrem Nutzer unterbreiten, wenn sein Fitnesstracker erhöhte Stressmarker verzeichnet.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

Fitnesstracker und Smartwatches können Atemfrequenz und Herzfunktion erfassen – wann diese auffällig sind für ein erhöhtes Stresslevel des Nutzers und wie der Träger am wirksamsten entspannen kann, das soll künftig die App Cello wissen, und zwar ganz individuell, weil sie es von und mit dem Nutzer gelernt hat. Ein Team aus Ärzten, Psychologen, Informatikern und Anwendungsentwicklern startet jetzt die Entwicklungsarbeit an dem System, das Methoden des maschinellen Lernens nutzt.

Angepasste Tipps zur Stressreduktion

Im Kooperationsprojekt Cello wollen Ärzte, Psychologen und Informatiker eine selbstlernende und geräteunabhängige App entwickeln, die das momentane Stresslevel des Nutzers individuell erkennen und ihn darauf hinweisen kann. Das System soll nicht nur stressauslösende Faktoren bewusst machen, sondern zusätzlich personalisierte Angebote zur Stressreduktion unterbreiten. Ziel ist es, die Praxistauglichkeit der von künstlicher Intelligenz unterstützten Interaktion von Mensch und Gerät für Gesundheitsanwendungen zu testen. Das BMBF fördert die Partner in Jena, Rostock, Berlin und Saarbrücken mit knapp einer Million Euro.

Mit der Cello-App wollen wir ein einfaches und geräteunabhängiges Tool zum personalisierten Stressmonitoring entwickeln. Allein das Bewusstmachen stressauslösender Faktoren ist ein Gewinn für die Nutzer. Die App soll mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und im Dienst der Gesundheit den Dialog von Mensch und Maschine vermitteln.

Prof. Dr. Martin Walter, Projektkoordinator, Universitätsklinikum Jena

Stressmarker mit Biofeedback-Training senken

Zunächst werden Studien zur Erfassung von Stressfaktoren und zur Charakterisierung individueller Stressunterschiede durchgeführt, um in sehr genauen Messungen die Trainingsdaten für den Algorithmus zu erzeugen. Damit werden physiologische Parameter wie Puls, Atemfrequenz, EKG und Hautwiderstand, Daten aus EEG- und MRT-Messungen sowie genetische und hormonelle Daten erfasst. Detaillierte Interviews sollen die Studien ergänzen.

Diese Stressmarker dienen als Referenzsystem für die von den Fitnesstrackern gemessene Herzfrequenzvariabilität, die die Fähigkeit beschreibt, die Herzfrequenz den körperlichen und mentalen Anforderungen anzupassen. „Diese Fähigkeit lässt nach, wenn das Stresslevel über längere Zeit erhöht ist. Dem kann man zum Beispiel mit Biofeedback-Training entgegenwirken und die Herzfrequenzvariabilität steigern“, so Prof. Dr. Veronika Engert vom Institut für Psychosoziale Medizin, Psychotherapie und Psychoonkologie am Uniklinikum Jena. Sie wird im Projekt Studiendaten zur Wirksamkeit dieses Trainings sammeln, an denen sich die App auch messen lassen muss. Denn das System soll nicht nur personalisiert auf das Stresslevel aufmerksam machen, sondern auch individualisierte Empfehlungen geben.

IT-Spezialisten entwickeln Rohversion der Cello-App

Parallel zu diesen Studien entwickeln IT-Spezialisten der Universität des Saarlandes, des Fraunhofer Instituts für Grafische Datenverarbeitung in Rostock und der mHealth Pioneers GmbH in Berlin den maschinellen Lernalgorithmus, die Schnittstelle zum Fitnesstracker und die Software-Oberfläche für die App, deren Rohversion dann mit den Studiendaten trainiert wird. Dabei stellen die Einbindung der verschiedenen Gerätestandards, die Berücksichtigung der verschiedensten Alltagssituationen und der Datenschutz besondere Herausforderungen dar.

Ist der Algorithmus justiert, folgen Feldstudien, in denen Testnutzer handelsübliche Smartwatches tragen und in den Dialog mit der App treten werden. Mit jeder Rückmeldung des Nutzers lernt die Software ihn besser kennen, kann in den richtigen Situationen warnen, immer bessere Prognosen erstellen und passgenauere Hilfsangebote unterbreiten. Anhand des Lernverhaltens der App und der Treffsicherheit ihrer Warnungen und Vorschläge erfolgt dann iterativ die Kalibrierung und Optimierung des Systems.

Dieser Artikel erschien zuerst auf unserem Partnerportal Konstruktionspraxis.

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