DGIMTalk: Diskussion zum Digital-Gesetz Was Ärzte von der ePA erwarten
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Die Potenziale der elektronischen Patientenakte (ePA) zur Steigerung der Patientensicherheit und Versorgungsqualität nutzen – das ist eines der Ziele des Digitalgesetzes. Wie bewerten Ärztinnen und Ärzte das Vorhaben? In einer Gesprächsrunde der DGIM sprachen Vertreter der Ärzteschaft, Universitäten und Krankenkassen über ihre Anforderungen und Sichtweisen.

Mit den Entwürfen des Bundesgesundheitsministeriums zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz und insbesondere zum Digital-Gesetz kommt endlich auch Bewegung in die Umsetzung der elektronischen Patientenakte – oder zunächst einmal in die Diskussionen dazu, denn der Anpassungsbedarf ist offensichtlich: „Ganz viel Schatten, aufgehellt mit ein wenig Licht“, titelte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in ihrer ersten Stellungnahme zu den Entwürfen. In Bezug auf die ePA heißt es, die geplante Opt-Out-Regelung sei sinnvoll, doch müsse sich die Struktur der ePA grundlegend ändern; sie müsse schnell und automatisch zu befüllen sein. Außerdem seien die Anbieter von Praxisverwaltungssystemen gefordert, ihre Systeme anzupassen.
Gerade die Forderung nach einfacher Befüllbarkeit ist nachvollziehbar, sind es doch in erster Linie die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, denen die Aufgabe zufällt, große Teile der Patientendokumentationen in die elektronischen Akten einzupflegen. Ob die ePA zum Erfolg wird, hänge stark davon ab, wie einfach und intuitiv sie zu handhaben sei, bekräftigt auch PD Dr. Sebastian Spethmann. Er ist stellvertretender Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Deutschen Herzzentrum der Charité und Sprecher der Arbeitsgruppe „Digitale Versorgungsforschung“ der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Spethmann verweist aber auch darauf, dass sich selbst innerhalb der Ärzteschaft die Anforderungen und Aufgaben in Bezug auf die ePA unterscheiden. So sei in den Notaufnahmen vor allem die schnelle Verfügbarkeit der relevanten medizinischen Informationen entscheidend. Über diese unterschiedlichen Sichtweisen und Anforderungen sprach er im DGIMTalk am 3. Juli mit Expertinnen und Experten aus Ärzteschaft, Universitäten und Krankenkassen.
Voraussetzung: funktionierende Technik
Auf Praktikabilität und funktionierende Technik komme es an, verdeutlichte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner, beides sehe man bei den Anwendungen der TI noch nicht stabil genug. Zudem sei die ePA nur so gut, wie das eingesetzte PVS, gab Steiner zu bedenken.
Auf die Integration der ePA in bestehende Systeme ging Dr. Peter Gocke, CDO und Leiter Stabsstelle „Digitale Transformation" der Charité, ein: Die ePA begrüße man sehr, doch die bislang unzureichende Integration der ePA in KIS und PVS sei problematisch. Ziel müssten die Automatisierung und der Austausch strukturierter Daten sein, um Mehrwert zu schaffen. An der Charité wurde dazu ein umfangreiches Projekt umgesetzt, dessen Status und Ergebnisse er in seiner Präsentation vorstellte. Kein IT-Projekt, wie Gocke unterstrich, sondern ein Querschnittsprojekt, was sich auch in der Zusammensetzung des Teams widerspiegelte. Die naheliegende Frage aber ließ nicht lange auf sich warten: Was sollen kleinere Krankenhäuser machen, die für ein solches Projekt gar nicht die Ressourcen haben? Es gäbe inzwischen schon deutlichere Vorgaben an PVS-Anbieter seitens der Gematik, so Gocke. Vertreter der Gematik hätten, wenn auch spät, damit begonnen, Kliniken und Arztpraxen zu besuchen, um sich vor Ort ein Bild von der Situation der Versorger zu machen.
Wer informiert die Patienten?
Neben den technischen Hürden ist die Aufklärung der Patientinnen und Patienten eine große Herausforderung. Es brauche eine große – und einprägsame – Kampagne, so Moderator Dr. Spethmann, auch müssten alle Bevölkerungsgruppen erreicht werden. Die Patienteninformation sei nicht nur Verpflichtung, sondern auch ein „vitales Interesse“ der Krankenkasse, erklärte Michael Hübner, Bereichsleiter Ambulante Versorgung und Innovation der Barmer Krankenkasse. Die Krankenversicherungen müssten zudem niedrigschwellige Zugänge zur ePA schaffen. Ärzte wiederum sollten Mehrwerte des intra- und intersektoralen Datenaustauschs auch an Patienten multiplizieren. Sybille Steiner verwies auf die zu komplizierten Widerspruchsregelungen des Gesetzentwurfs. Fragen zur Verwaltung der Zugriffsrechte dürften nicht in den Arztpraxen landen, dort fehle dafür die Zeit.
Die ePA aus Sicht der Notaufnahmen
Bei der Verwaltung der eigenen Patientendaten sah auch Professor Dr. Harald Dormann, Ärztlicher Leiter Zentrale Notaufnahme am Klinikum Fürth, noch Klärungsbedarf. Theoretisch biete die ePA große Vorteile, wenn sie einen sofortigen Zugriff auf die entscheidenden Informationen ermöglicht und somit zu besseren Entscheidungen und zur Patientensicherheit beiträgt. Auch die Zusammenarbeit im Team werde erleichtert, wenn alle auf demselben Stand sind. Ein Risiko sei allerdings, dass Daten auf unterschiedlichen Systemen vorlägen, etwa auch in den PVS, KIS, auf der eGK – welche der Daten sind wie aktuell? Das betreffe auch die Pflege und Verwaltung der eigenen Daten durch die Patienten. Ob Patienten selektive Löschungen vorgenommen hätten, sei nicht zu erkennen. Es brauche Synchronisation der Daten in Echtzeit, außerdem auch Metadaten und entsprechende Suchmöglichkeiten, um wirklich schnell und sicher alle relevanten Informationen zu finden, so Dormann.
Als weitere Herausforderungen nannte er den Datenschutz – Notaufnahmen sind bekanntlich stark frequentiert – , stabile IT-Infrastrukturen und Interoperabilität. Zudem müsse mit einer Eingewöhnungsphase gerechnet werden, das hätte sich in anderen Ländern gezeigt.
Der Erfahrungsaustausch mit Experten aus Ländern, in denen elektronische Patientenakten bereits eingeführt sind, könnte auch Gegenstand weiterer DGIMTalks werden, das wurde zumindest in der Diskussion angeregt.
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Auf den Inhalt kommt es bei der ePA an
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