Drohender Praxenkollaps „Die ambulante ärztliche Versorgung ist chronisch unterfinanziert“
Das aktuelle Zi-Stimmungsbarometer zeigt: Die Stimmung in den ambulanten ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen hat einen Tiefpunkt erreicht.

Als „deutliches Warnzeichen“ wertet Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi), die Ergebnisse des aktuellen Zi-Stimmungsbarometers. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer bewerte die Rahmenbedingungen für ihren Praxisalltag „zutiefst negativ“.
Besonders bei den Inhabern gynäkologischer und orthopädischer Praxen fallen die Bewertungen schlecht aus: Über 70 Prozent schätzen ihre Lage negativ ein. In der hausärztlichen Allgemeinmedizin und inneren Medizin sieht es nicht viel besser aus – 60 Prozent beschreiben ihre berufliche Situatiion hier als „schlecht bis sehr schlecht“. Vergleichsweise positiv schneiden die Fachgebiete Psychotherapie sowie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie aus, hier bewerteten 37 beziehungsweise 45 Prozent ihre Situation in der Niederlassung als „schlecht oder sehr schlecht“.
„Kostensprünge und Bürokratielast zehren die Praxen aus“, beschreibt Dr. Stillfried die Ursachen. Als weitere Gründe nennt er handfeste wirtschaftliche Nachteile und eine mangelnde Wertschätzung durch die Politik. „Diese äußert sich unter anderem in zahllosen Regressandrohungen, im Zwang eine dysfunktionale Telematikinfrastruktur implementieren zu müssen, die den Praxisbetrieb lahmlegt, und in der unzureichenden Weiterentwicklung der Finanzierung durch die Krankenkassen“, so Stillfried.
„Der medizinischen Versorgung werden die Praxen ausgehen. Wer aufhört, findet immer seltener Nachfolgende für die Praxis“, mahnt Stillfried. Die Rahmenbedingungen für die Niederlassung müssten attraktiver gestaltet werden. „Schon jetzt sind bundesweit fast 6.000 Arztsitze unbesetzt, weil die Niederlassung im Vergleich zu anderen Möglichkeiten der ärztlichen Berufstätigkeit an Attraktivität eingebüßt hat“, sagt er. Von Schließungen seien auch medizinische Versorgungszentren betroffen.
Die ambulante ärztliche Versorgung ist chronisch unterfinanziert. Aktuell besteht eine Finanzierungslücke von 1,8 Milliarden Euro.
„In der Sorge um eine Existenzsicherung der Kliniken wird leider immer wieder übersehen, dass die Praxen das Fundament der medizinischen Versorgung in Deutschland sind. Sie behandeln weit mehr als das Zwölffache dessen, was Krankenhäuser ambulant leisten“, erläutert der Zi-Vorstandsvorsitzende. „Fallen die Praxen zunehmend aus, werden Lücken gerissen, die die jetzt schon völlig überforderten Krankenhäuser niemals werden füllen können. Die Politik kann das Ruder herumwerfen oder sehenden Auges in den Praxenkollaps steuern.“
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Aktion „PraxenKollaps“
Ambulante Versorgung in der Krise
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