Sprachdialogsysteme Einsatz von digitalen Kommunikationskanälen in der Gesundheitsbranche

Von Thomas Boele*

Die Digitalisierung in der deutschen Gesundheitsbranche hatte bislang nur geringe Priorität und wurde entsprechend langsam vorangetrieben. Doch um den geschäftlichen Herausforderungen der Corona-Pandemie gewachsen zu sein, ist eine Umgestaltung und Erweiterung der digitalen Kommunikationskanäle von gesundheitlichen Einrichtungen notwendig.

Die Corona-Pandemie treibt auch die bislang stiefmütterliche Digitalisierung der Gesundheitsbranche an.
Die Corona-Pandemie treibt auch die bislang stiefmütterliche Digitalisierung der Gesundheitsbranche an.
(© Alexander Limbach - stock.adobe.com)

92 Prozent der Entscheider*innen aus dem Gesundheitssektor sind der Meinung, dass die Covid-19-Pandemie die digitale Transformation ihrer jeweiligen Organisation stark beschleunigt hat, im Durchschnitt in diesem Sektor um sechs Jahre.

Covid-19 beschleunigte die digitale Transformation in deutschen Unternehmen maßgeblich.
Covid-19 beschleunigte die digitale Transformation in deutschen Unternehmen maßgeblich.
(Bild: Twilio)

Und sogar 98 Prozent sind der Meinung, dass die Bemühungen ihres Unternehmens um eine Transformation im Bereich der digitalen Kommunikation durch Covid-19 zumindest etwas oder gar drastisch beschleunigt wurden. Dies ergab eine Befragung von Twilio von mehr als 2.500 Entscheidungsträger*innen in Unternehmen in neun Ländern weltweit.

Wie ein kürzlich veröffentlichter offener Brief der Ärzteschaft an den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verlautet, bedeuten die aktuellen Digitalisierungskonzepte für die Praxen wenig Erleichterung, sondern stellen eine „zunehmende Bürokratisierung im ärztlichen Alltag dar“. Insbesondere die Androhung von Sanktionen bei nicht fristgemäßer Implementierung zentral festgelegter Maßnahmen sei kontraproduktiv. Der Mehrwert digitaler Anwendungen müsse sich auf die originären Aufgaben der Vertragsärzte der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) fokussieren. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung der Telematik-Infrastruktur (TI) können dazu führen, eine weitreichende Akzeptanz zu verhindern. Laut eigenen Angaben der Ärzteschaft, sind tatsächlich rund 34 Prozent der niedergelassenen Ärzte über 60 Jahre alt.

Bessere Interaktion mit Patienten durch neue Kommunikationskanäle

Außerhalb dieser gesetzlich streng geregelten Bereiche ist jedoch ein sehr begrüßenswerter Trend in Richtung patientenfreundlicher Maßnahmen zu sehen, insbesondere in ländlichen Bereichen mit einer geringeren Dichte an Hausarztpraxen.

Social Distancing hat zu einer plötzlichen Ausweitung des digitalen Patienten-Engagements, also der Interaktion mit Patienten, geführt: 88 Prozent der Befragten aus dem Gesundheitssektor gaben bei der Studie an, dass die Umgestaltung und Erweiterung der digitalen Kommunikationskanäle ihrer Einrichtungen entscheidend sei, um den geschäftlichen Herausforderungen von Covid-19 gewachsen zu sein.

Digitale Assistenten zum Beispiel können Patienten dabei helfen, Anfragen rund um die Uhr beim Arzt ihres Vertrauens zu platzieren, je nach Ausstattung über eine Einwahlrufnummer mit nachgelagertem Sprachdialogsystem (IVR). Diese IVRs können außerhalb der normalen Sprechzeiten dabei helfen, Termine zu vereinbaren, Folgerezepte anzufragen sowie weitere Patientenwünsche entgegenzunehmen. Während der offiziellen Sprechzeiten können diese Sprachdialogsysteme zudem dabei unterstützen, Anfragen zu kanalisieren und bei Bedarf direkt an die richtigen Ansprechpartner, beispielsweise in einer Gemeinschaftspraxis, weiterzuleiten. So bleibt den Ärzt*innen und Assistent*innen mehr Zeit, um sich um die Belange des anwesenden Patienten zu kümmern.

Die Unterstützung durch moderne Technologien erhöht vor allem die Zufriedenheit, da Anrufer*innen ihr Anliegen unmittelbar nach Annahme des Anrufs adressieren können, ohne zuvor in einer endlosen Warteschleife ihre Geduld testen zu müssen. KI-basierte Sprachdialogsysteme können dabei mit einem weiten Bereich von Antwort-Variationen umgehen und lernen zudem mit jedem zusätzlichen Anruf dazu. Gerade bei einem Verdachtsfall mit Covid-19 ist es beispielsweise möglich, Betroffene zuerst durch einen Anamnese-Fragebogen zu führen, und – basierend auf den Antworten – einen Risiko-Index zu berechnen. Je nach berechnetem Risikoindex können zusätzliche Fragen nachgeschoben werden. Der Anrufer wird schließlich zu einem Spezialisten weitergeleitet, der durch Einsicht in die Antworten auf die zuvor gestellten Fragen gezielt weitere Aktionen einleiten kann.

Anrufer*innen mit einem anderen Anliegen können sich beispielsweise weitere Informationen zum gewünschten Thema im Rahmen des Sprachdialogs vorlesen lassen (Text-2-Speech), oder diese per SMS (Weblink) erhalten. Diese Dialoge lassen sich auch barrierefrei via SMS, WhatsApp oder InApp-Chat führen. Modernste IVRs können zudem mit einem weiten Spektrum an unterschiedlichen Sprachen umgehen. So kann der Frontdesk in der Praxis entlastet werden – und es ist gleichzeitig möglich, dem Informationsbedürfnis der Patienten gerecht zu werden.

Niedrige Einstiegshürden erleichtern die Umsetzung

Die Einstiegshürden für einen solchen Setup sind dank moderner API-Frameworks und so genannter Low-Code- beziehungsweise No-Code-Ansätze sehr niedrig. Einfachere IVRs und Anwendungen zur Terminvereinbarung lassen sich über Portale unkompliziert erstellen. Für komplexere Anwendungsfälle können Prototypen für Frontend und Back-end mit Open-Source-Systemen sehr einfach zunächst lokal und dann bei Cloud- beziehungsweise Hosting-Providern aufgesetzt werden. SIP-Trunks, IVR, Messaging sowie Contact-Center-Funktionalitäten können beispielsweise über die Twilio Engagement Cloud realisiert und über einfache API-Calls angesteuert werden. Zudem ist eine solche Lösung massiv skalierbar. Neben eigenen KI-Elementen können auch KI-Sprachdialog-Systeme anderer Anbieter einfach integriert werden.

Die Digitalisierung eröffnet Unternehmen, nicht nur im Gesundheitssektor, vielfältige und weitreichende Möglichkeiten, das Personal zu entlasten, im Umkehrschluss Geld zu sparen und vor allem das Engagement mit – in diesem Falle – Patienten zu verbessern. 93 Prozent der befragten Unternehmensentscheider*innen aus dem Gesundheitssektor gaben demnach an, dass ihre Organisation plant, die digitalen Kommunikationskanäle auch in Zukunft zu erweitern.

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Thomas Boele, Twilio
Thomas Boele, Twilio
(Bild: Twilio)

*Der Autor, Thomas Boele, ist Director Systems Engineering bei Twilio.

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