Sommersymposium „Vernetzte Versorgung“ Telemedizin mit großem „K“
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Telemedizinische Netzwerke werden nicht automatisch genutzt, nur weil es die technische Plattform dafür gibt. Es braucht vielmehr Kommunikation und auch „Kümmerer“, Menschen, die erklären und vermitteln – so die Erkenntnis der Teilnehmenden am Sommersymposium „Vernetzte Versorgung“ des ZTG und des Virtuellen Krankenhauses NRW.

Ohne Telemedizin kann die Versorgungsfrage nicht gelöst werden, zu gravierend ist der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen, das machte Matthias Heidmeier, Staatssekretär im Ministerium Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen in seiner Eröffnungsrede deutlich: „Die Versorgung (…) in vielen Bereichen, bis hin zur Pflege, werden wir nicht hinbekommen ohne telemedizinische Angebote.“ Die Einführung der digitalen Patientenakte sei entscheidend, eng verknüpft damit das E-Rezept, – und an nächster Stelle folge für ihn bereits die Telemedizin, so Heidmeier. Digitalisierung sei nur gemeinsam, im Austausch mit Partnern auf Augenhöhe möglich. Oder, wie es als Thema der ersten Diskussionsrunde gefasst wurde: „Digitalisierung braucht Kommunikation“.
Prof. Dr. Gernot Marx, Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care der Uniklinik RWTH Aachen, berichtete in seiner Keynote von den Erfahrungen beim Aufbau des Virtuellen Krankenhauses NRW, als es darauf ankam, viele verschiedene Gruppen von Beteiligten einzubinden. Es gehe dabei immer auch darum, Vertrauen zu schaffen und zu vermitteln – und zwar kontinuierlich: „Einmal gemacht, ist noch nicht erledigt“. Das gelte auch beim Ausrollen in die Regelversorgung: Die neue Versorgungsform benötige ein ständiges Kümmern und Kommunizieren.
Über ganz ähnliche Erfahrungen in ihrem jeweiligen Umfeld sprachen auch die Teilnehmer der anschließenden Podiumsdiskussion. Stefan Spieren etwa, Hausarzt in einer kleinen Gemeinde, hat schon früh mit der Digitalisierung begonnen. Inzwischen, gerade auch nach der Pandemie, stünden die Patienten digitalen Angeboten offener gegenüber. Jetzt, so Spieren, müsse man vor allem aufklären und erklären, welche Mehrwerte etwa Terminbuchungen oder eben auch Telemedizin bieten. Dies könne man als Aufgabe der Krankenkassen sehen, seine Lösung aber ist eine andere: Patientinnen und Patienten, die Schwierigkeiten haben, können einen entsprechenden Zeitslot buchen für die Beratung durch die medizinische Fachangestellte.
Vorbild Parkinson-Netzwerk
Ein anderes Szenario, das weltweit als Modell zur Etablierung von Netzwerken gilt, beschrieb der Neurologe und Vorsitzende der Parkinsonnetzwerke Deutschland Prof. Dr. Tobias Warnecke: Vorbild seien die Niederlande mit einem Netzwerk-Modell, das auch in Norwegen und Teilen der USA übernommen wurde. Dabei sind über zwanzig Disziplinen zu vernetzen wie Therapeuten, Logopäden, Pflegekräfte und Parkinson Nurses; der Schwerpunkt liegt auf der ambulanten Versorgung. „Wenn ein Team multiprofessionell miteinander kommuniziert, verbessert sich das Outcome – und zwar so, wie das ein Medikament verbessert“, so Warnecke. Einfach eine digitale Plattform aufzubauen genüge aber nicht, dafür seien Sektoren- und Hierarchiedenken zu fest verankert. Das Wichtigste seien daher Belohnungssysteme und Strukturen, um diese Kommunikation zu fördern.
Motivieren statt sanktionieren
Immer wieder war in der Diskussion von „Kümmerern“ die Rede. Doch: „Die haben wir nicht“ – so ein Teilnehmer aus dem Publikum. Statt Strafen zu verhängen, wenn Telematik-Vorgaben nicht fristgerecht umgesetzt werden, sollten besser Menschen für diese Aufgabe als Kümmerer oder Motivatoren ausgebildet werden, so der Vorschlag. Die Frage, wo eine solche Position verortet werden könnte, beantworteten die Diskutanten unterschiedlich: Im Bereich Parkinson sei es eher ein Kümmerer-Team, etwa Parkinson Nurses, und Therapeuten, so Prof. Warnecke. Prof. Dr. Ulf Peter Neumann, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie an der Uniklinik der RWTH Aachen, sah den Bedarf vor allem bei der Dokumentationsunterstützung. Stefan Spieren nannte in erster Linie Digitale VersorgungsassistentInnen, die er bei den Kommunen verortet sieht, da Digitalisierung ja nicht nur in der Medizin stattfinde, sondern überall.
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