Automatisierte Pollenanalyse Sensor-Prototyp für bessere Pollenvorhersage

Redakteur: Christian Lüttmann

Bei Wetter interessieren nicht nur Temperatur und Regenwahrscheinlichkeit – auch der Pollenflug ist für Allergiker eine wichtige Information. Um diesen besser zu vorhersagen, haben Forscher der TU Graz einen Prototyp entwickelt, mit dem sich Pollen automatisiert bestimmen lassen.

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Nam Cao ist für die Hardware 
des Pollensensor-Prototypen 
verantwortlich. Der PhD-Student 
arbeitet am Institut für Technische 
Informatik der TU Graz.
Nam Cao ist für die Hardware 
des Pollensensor-Prototypen 
verantwortlich. Der PhD-Student 
arbeitet am Institut für Technische 
Informatik der TU Graz.
(Bild: TU Graz)

Graz/Österreich – Pollen sind für die Bestäubung vieler Pflanzen unerlässlich, für Allergiker hingegen ein großes Übel – und laufende Nase sowie ständiges Niesen sorgen in diesen Tagen wohl für zusätzliche skeptische Blicke wegen der allgegenwärtigen Covid-19-Gefahr. Doch unabhängig von der aktuellen Ausnahmesituation stellen Pollenwarndienste eine wichtige Anlaufstelle für Betroffene dar, informieren sie doch über Tagesbelastungen und das Allergie-Risiko.

Für die derzeit geläufige Datengewinnung werden Pollenfallen eingesetzt, die den Pollengehalt in der Luft kontinuierlich messen. Dafür saugen sie mithilfe eines eingebauten Elektromotors die Umgebungsluft in eine Trommel und fangen dort die Pollen aus der Luft mit einem Klebestreifen ein. Fachpersonal werten die Pollen dann mikroskopisch aus und klassifiziert sie. Das Prozedere ist allerdings aufwendig und zeitintensiv. Automatisierte Lösungen sind derzeit zu teuer und nur für eine begrenzte Anzahl von Pollenarten geeignet.

Olga Saukh und Nam Cao vom Institut für Technische Informatik haben nun gemeinsam mit einem Team der ETH Zürich einen Prototyp eines Pollenmesssensors entwickelt, der den gesamten Prozess – vom Einfangen der Pollen über das Erfassen bis hin zum Auswerten – deutlich erleichtern könnte.

Pollensammlung mit Staubsaugertechnik

Das neue Pollenmesssystem besteht aus zwei Teilen: Aus einem Messgerät inklusive Pollenfalle Partikel-Konzentrator und digitalem Durchlichtmikroskop sowie aus einem Cloud-Service, in dem die mikroskopisch erfassten Pollen-Bilder analysiert werden. Der Prototyp ist vergleichsweise leicht (8 kg), kompakt (30 x 40 x 44 cm), energiesparend (Stromverbrauch: 6W) und lässt sich kostengünstig realisieren. „Die Materialkosten belaufen sich auf maximal 1000 Euro“, sagt Saukh. Zum Vergleich: Derzeit verfügbare vollautomatisierte Pollenmessgeräte kosten bis zu 100.000 Euro.

Die Pollenfalle besitzt sechs Einlässe, die die Pollen aus allen Flugrichtungen erfassen können. „Wir haben uns dabei von modernen Staubsaugertechnologien inspirieren lassen und verwenden zum Sammeln der Pollenproben einen Zyklon, wie er für beutellose Staubsauger genutzt wird, die den aufgesaugten Schmutz in einem Auffangbehälter sammeln“, erklärt Saukhs Kollege Cao.

Automatisierte Probenanalyse

Die Pollen treffen im Inneren des Gerätes auf eine rotierende Glasplatte, die mit einer dünnen Schicht Glycerin überzogen ist. Das Glycerin erfüllt zwei wesentliche Aufgaben: Zum einen sorgt es dafür, dass die Pollenkörner auf der Glasfläche haften bleiben. Zum anderen verbessert es die Qualität der Bilder, die das Mikroskop an die Cloud schickt. „Glycerin ist transparent, verdunstet nicht und eignet sich aufgrund seiner thermischen Stabilität auch für den Betrieb im Freien“, begründet Saukh die Wahl.

Die glyceringetränkten Pollen werden von einer handelsüblichen Papierschneideklinge in einer dünnen Spur auf der Glasplatte konzentriert. Je schmaler diese Spur ist, desto mehr Pollen können mikroskopisch erfasst und anschließend analysiert werden. Danach werden die Pollen automatisch von der Platte abgewischt, so dass das System vollautomatisch über lange Zeiträume arbeiten kann.

Maschinelle Lernalgorithmen identifizieren die Pollen

In 30 Sekunden lädt die Pollenfalle bis zu 100 mikroskopische Bilder in die Cloud hoch. Eine Objekterkennungssoftware identifiziert die Pollenkörner anhand verschiedener Merkmale. Im Feldversuch erkannte der Prototyp in 90 Prozent der Fälle die Pollen richtig.

Um das Modell mithilfe maschineller Lernalgorithmen trainieren und verbessern zu können, haben die Forscher einen Teil der erfassten Daten manuell annotiert. Nun arbeiten sie daran, die Klassifizierung der Pollen weiter voranzutreiben. „Das ist ein laufender Prozess, wo wir auf die Unterstützung von Pollenfachleuten angewiesen sind“, betont Saukh. Den Datensatz der Pollenbilder haben die Entwickler der Pollenfalle daher über Zenodo öffentlich verfügbar gemacht. Und auch das Hardwaredesign und der Code des Pollensensors sind im Onlinedienst GitHub öffentlich bereitgestellt.

Originalveröffentlichung: Nam Cao, Matthias Meyer, Lothar Thiele, Olga Saukh: Automated Pollen Detection with an Affordable Technology

Dieser Beitrag stammt von unserem Partnerportal Laborpraxis.

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