Diskussion um Nutzen und Kosten von DiGA „Die Gesundheits-Apps stecken noch in den Kinderschuhen“

Von Natalie Ziebolz Lesedauer: 6 min |

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Zwei Jahre nach Einführung zieht der Verband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) Bilanz bezüglich der Nutzung von digitalen Gesundheitsanwendungen. Doch diese fällt eher durchwachsen aus. DiGA-Hersteller und der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung sehen hierin politische Motive.

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sind „digitale Helfer“, die Patienten und Patientinnen bei der Behandung (chronischer) Erkrankungen unterstützen sollen
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sind „digitale Helfer“, die Patienten und Patientinnen bei der Behandung (chronischer) Erkrankungen unterstützen sollen
(© xyz+ – stock.adobe.com)

Digitale Gesundheitsanwendungen sind noch nicht in der Versorgung angekommen“ – diesen Schluss zieht der GKV-Spitzenverband zwei Jahre nach dem Start der digitalen Gesundheitsanwendungen – kurz: DiGA. „Mit viel Vorschusslorbeeren sind DiGA in die Versorgung gestartet. Aber den Erwartungen sind sie bisher nicht gerecht geworden. Die Gesundheits-Apps stecken auch nach über zwei Jahren noch in den Kinderschuhen“, so Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband.

Der Verband hatte zuvor einen Bericht über die Inanspruchnahme und Entwicklung der Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA-Bericht) veröffentlicht, in dem die vergangenen zwei Jahre beleuchtet werden. Insgesamt wurden demnach bisher rund 164.000 DiGA in Anspruch genommen. Seit Anfang 2022 bewegt sich die Menge der monatlich eingelösten Freischaltcodes auf gleichbleibendem Niveau – zwischen 10.000 und 12.000 DiGA.

Nora Blum, Gründerin von Selfapy, hingegen bewertet die aktuelle Entwicklungen positiver: „Im Vergleich zum ersten DiGA-Jahr wurden im zweiten Jahr dreimal so viele DiGA verordnet“, führt sie auf. „Auch die neuste Umfrage des AOK-Bundesverbandes zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind: DiGA werden häufiger weiterempfohlen und die DiGA-Therapietreue liegt weit über dem allgemeinen WHO-Durchschnitt für Dauertherapien.“ Die Weiterempfehlungsrate hängt dabei jedoch sehr von der digitalen Affinität und dem Gesundheitszustand der Nutzer ab. Während 48 Prozent der digitalen Vorreiter und 50 Prozent der Nutzer mit besserem Gesundheitszustand die genutzte DiGA weiterempfehlen würden, sind es bei den digital Aversiven nur 28 Prozent, und bei denjenigen mit schlechtem Gesundheitszustand sogar nur 21 Prozent.

Das kann natürlich auch an der mangelhaften Integration in die Behandlung liegen. So werden die DiGA zwar überwiegend von Ärzten verschrieben (68 Prozent), jedoch zeigt die AOK-Umfrage auch deutlich, dass die Patienten von diesen nicht ausreichend über deren Funktionen informiert werden (37 Prozent). Auch eine Auswertung des Nutzungsverhaltens sowie der Resultate der Nutzung durch den behandelnden Arzt gab es bei 44 Prozent der Befragten nicht. Da ist es nicht verwunderlich, dass auch die Zufriedenheit mit den Anwendungen eher durchwachsen ausfällt: Als unverzichtbar wird die ergänzende Therapie mit DiGA nur von 26 Prozent der Patienten angesehen, weitere 23 Prozent sehen sie nur zum Teil als unverzichtbar. Knapp ein Fünftel der Befragten hatte zudem Probleme bei der Umsetzung der digitalen Therapieinhalte, weitere 28 Prozent gaben an, sie hätten teilweise Probleme gehabt. Für immerhin 15 Prozent der Versicherten passten die Inhalte darüber hinaus nicht zu ihrer individuellen Krankheitssituation. „Die Ergebnisse spiegeln wider, dass die genutzten DiGA nicht immer dem Bedarf und den Bedürfnissen der Versicherten entsprechen. Herkömmliche Therapien vor Ort wie beispielsweise die Physiotherapie bei Rückenbeschwerden sind in vielen Fällen die bessere Wahl – und verursachen für die Beitragszahlenden weniger Kosten als eine DiGA-Verordnung“, folgert AOK-Vorständin Reimann.

Zu teuer und nutzlos?

Damit kommt die AOK in ihrer Umfrage zu ähnlichen Schlüssen wie auch der GKV-Spitzenverband. „Die unverändert hohe Quote von DiGA auf Probe zeigt, dass oftmals noch offenbleibt, was die Angebote wirklich bringen. Trotz dieser unklaren Evidenzlage rufen die herstellenden Unternehmen beliebig hohe Preise auf und der gesetzlichen Krankenversicherung sind im ersten Jahr bei dieser Preisspirale nach oben die Hände gebunden“, so Stoff-Ahnis.

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